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Eine Gratwanderung

Freeskiing – Gedanken zum Risiko am Berg

4 Minuten Lesezeit
Ob beim Freeskiing, Freeriden oder einfach nur beim Variantenfahren - eine gesunde Selbsteinschätzung in vielerlei Hinsicht verhindert folgenschwere Unfälle. Gedanken eines Freeriders zur Gratwanderung zwischen Freiheit und Gefahr.

All diejenigen, die das überwältigende Gefühl nach einer gelungenen Abfahrt kennen, wollen mehr: Freeskiing ist eine Sucht, eine Sucht nach dem Gefühl am Leben zu sein, eins mit der Natur zu sein, eins mit sich selbst zu sein. Es gibt genau zwei Dinge, die während eines Runs wichtig sind: Der Berg und ich. Klingt einfach und überschaubar. Ist es aber nicht. Denn dieses Verständnis fehlt leider bei vielen – und kann Grund für tragische Unfälle am Berg sein.

Die Gegensätze am Berg

Der Berg übt eine enorme Anziehungskraft auf viele Sportler aus. Dieser Anziehungskraft liegen zwei bergtypische Charakteristika zu Grunde. Das Schöne, speziell im Winter, das Friedliche und Ruhige, und eben auch das Grausame, Gefährliche und Ungewisse. Diese zwei Charakteristika fesseln uns jedes Mal aufs Neue. Doch gerade das Schöne ist trügerisch. Blue Bird, feinster Powder und eine euphorische Stimmung lassen uns die Gefahren ausblenden. Gerade dann schlägt der Berg dir mitten ins Gesicht, wenn wir es am wenigsten erwarten. Der Berg ist der Boss und wenn er nicht will, dass wir hier sind, wirft er uns gnadenlos um. Lawinen, Felsbrüche und wechselnde Verhältnisse sind Zeichen seiner launischen Natur. Das Verständnis dafür sollte dementsprechend geschult werden. Da gehören wir als Menschen genauso dazu wie das Studium der Wetter- und Lawinenberichte. Wir müssen uns selbst kritisch beurteilen, wir müssen lernen, unser Können einzuschätzen.

Der Berg als Risiko: Bergpanorama vor dunkelblauem Himmel
Der Berg: Faszinosum und gleichzeitig unberechenbare Gefahr für Freerider? | Foto: Bergzeit

Selbstüberschätzung und Fitness beim Freeskiing

Selbstüberschätzung ist für Freeskier ein wichtiger Punkt. Sie kann fatal sein. Wenn eine Line zu schwer ist, haben wir alle Hände voll zu tun, um auf den Ski zu bleiben und vergessen den sehr großen und gefährlichen Faktor Berg. Wir übersehen potentielle Risiken und haben keine Zeit auf unsere Umgebung zu achten. Hier passieren beim Freeskiing die meisten Unfälle. Egal wie atemberaubend und gefährlich und sick dieser Run ist, wenn ich als Skifahrer nicht die Voraussetzungen habe, um diese Line ohne Probleme fahren zu können, habe ich dort nix verloren. Da kommt die richtige Selbsteinschätzung zum Tragen.

Es steht außer Frage, dass das Extrem-Skifahren ein gefährlicher Sport ist, jedoch sollten wir uns nicht unvorbereitet in diese Situation begeben. Akribische Vorbereitungen sind essentiell. Der Lawinenlagebericht und der Wetterbericht sollten jeden Tag gelesen werden – um Veränderungen von Schnee und Wetter im Auge zu behalten. Außerdem ist die körperliche Fitness beim Freeskiing das Nonplusultra. Je fitter Du bist, desto besser kannst Du Dich auf die äußeren Einflüsse am Berg konzentrieren. Dazu gehört das Training im Sommer und nicht erst im November. Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Ausdauer müssen geschult und trainiert werden, um den Kopf freizuhalten. Sind diese Faktoren gewährleistet, ist eine optimale Grundlage geschaffen, um Unfällen vorzubeugen.

Der Berg kann dein bester Freund, aber auch dein schlimmster Feind sein

Ein Faktor ist jedoch nicht trainierbar und nicht klar zu durchblicken: die Natur. Routine und Gebietskenntnisse lassen für uns die Natur transparenter erscheinen – aber nicht immer. Potentielle Gefahrenstellen sind lokalisierbar, aber nicht zu 100 Prozent definierbar. Routine ist gut, um die Abläufe zu verinnerlichen, jedoch nicht, um Risikominimierung vornehmen zu können. Freeskiing ist und bleibt eine Gratwanderung: Zwischen Adrenalinrausch und Selbstüberschätzung.

Der Berg kann in der einen Sekunde dein bester Freund und in der nächsten dein schlimmster Feind sein. Das solltest Du immer im Hinterkopf behalten. Nein sagen zu einem Run, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Zeichen von Größe. Viele Extremsportler haben Angst, Nein zu sagen und somit als Feigling abgestempelt zu werden. Am Berg ist Gruppenzwang fehl am Platz. Doch um uns die Freiheit am Berg einzuräumen, nehmen wir all die Risiken und Gefahren gerne in Kauf. Doch sollten wir sie nie vernachlässigen und auf unseren inneren Kompass, die eigene Angst, hören. Sie kann begründet oder unbegründet sein, sollte aber nie vernachlässigt oder ignoriert werden. Es geht um das Leben und das ist wichtiger als ein Rung. Höre auf den Berg und auf dich selbst.

Du willst Dich besser auf einen möglichen Ernstfall vorbereiten? Nützliche Tipps findest Du hier: 

Lawinensicherheit: Im Ernstfall besser vorbereitet

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