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Pistenskitouren: 9 Fragen zu Haftung, Regeln & Sorgfaltspflichten

8 Minuten Lesezeit
Welche Pistenregeln gelten für Tourengeher? Was musst Du in Sachen Unfallhaftung wissen? Julia Gebauer fasst die wichtigsten Fragen zum Thema Pistentouren zusammen.

Ob Pistenskitouren „richtige“ Skitouren sind oder nicht, darüber wird viel gesprochen und gestritten. Wahrscheinlich nicht. Aber um diese Frage geht es hier nicht. Fakt ist, immer mehr Tourengeher nutzen vorhandene Infrastruktur von Skigebieten, um sicher, schnell und bequem ihre Höhenmeter unter die Felle zu bekommen. Sie möchten fit bleiben oder einfach mit den Tourenski etwas unternehmen, wenn wegen hoher Lawinengefahr oder Schneemangel sonst gar nichts mehr geht.

Wo Vorteile sind, gibt es natürlich auch Nachteile. Um letztere jedoch gering zu halten und allen Beteiligten ein entspanntes und unfallfreies Miteinander zu ermöglichen, gilt es beim Unternehmen „Pistentour“ ein paar Gedanken im Hinterkopf zu behalten.

1. Warum Skitouren auf Pisten?

Allen Kritikern zum Trotz: Mit Tourenski in Skigebieten unterwegs zu sein, hat einige Vorteile:

  • Skigebiete und ihre Pisten sind meist gut erreichbar und eignen sich daher besonders für einen Kurzbesuch.
  • Orientierungsprobleme sind bei Pistenskitouren eher selten. Spezielle Aufstiegsrouten für Tourengeher sind in der Regel gut sichtbar ausgewiesen. Gibt es keine Tourengeher-Route, dann bietet auch der Pistenrand (FIS-Regel Nr. 7) eine Orientierungshilfe.
  • Wildtiere werden gleichzeitig in ihrer Winterruhe weniger gestört. Natürlich funktioniert das nur, wenn sich Tourengeher und Tourengeherinnen auch an die ausgewiesenen Routen halten. Mehr dazu: Schutzzonen im Winter – Worauf sollte man achten?
  • Das Lawinenrisiko ist auf geöffneten Pisten äußerst gering bis nicht vorhanden. Es ist zwar sinnvoll, alpines Grundlagenwissen zu haben, ein Muss ist es jedoch nicht.
  • Das Fahren im Tiefschnee ist nicht Jedermanns Sache – gerade für Anfänger oder wenn vom Powder nur noch zerpflügte Hänge oder Bruchharsch übrig sind. Bei Pistentouren gibt es hier keine Schwierigkeiten, die Abfahrt erfolgt auf der präparierten Piste.
  • Abfahrende Skifahrer und aufsteigende Tourengeher lassen sich durch separierte Aufstiegsrouten räumlich gut voneinander trennen. In diesem Fall ist – in der Regel – die Gefahr möglicher Kollisionen gering.
Beim Aufstieg am Pistenrand fällt die Orientierung leicht und das Lawinenrisiko hält sich in Grenzen.

Kathrin Thoma-Bregar

Beim Aufstieg am Pistenrand fällt die Orientierung leicht und das Lawinenrisiko hält sich in Grenzen.


2. Wie verhalte ich mich als Skitourengeher auf der Piste?

Eine gute und wichtige Orientierung bieten die DAV-Regeln für Skitourengeher, die so oder ähnlich auch von anderen Alpenvereinen veröffentlicht werden. Sie appellieren an den gesunden Menschenverstand, damit das Miteinander auf der Piste funktioniert und fassen die Sorgfaltspflichten eines Tourengehers zusammen.

DAV-Regeln für Skitourengeher auf Skipisten

Skipisten stehen in erster Linie den Nutzern der Seilbahnen und Lifte zur Verfügung!

Darüber hinaus gilt:

  • Aufstieg und Abfahrt erfolgen auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung.
  • Nur am Pistenrand aufsteigen (FIS-Regel Nr. 7). Dabei hintereinander, nicht nebeneinander gehen. Auf den Skibetrieb achten.
  • Besondere Vorsicht an Kuppen, in Engpassagen, Steilhängen und bei Vereisung der Piste. Bei Pistenquerung möglichst einzeln gehen bzw. Abstände zueinander halten. Keine Querung in unübersichtlichen Bereichen.
  • Pistensperrungen, Warnhinweise und lokale Regelungen immer beachten.
  • Bei Pistenarbeiten sind die Pisten aus Sicherheitsgründen gesperrt. Insbesondere bei Einsatz von Seilwinden besteht Lebensgefahr.
  • Frisch präparierte Skipisten nur in den Randbereichen befahren. 
  • Auf alpine Gefahren, insbesondere Lawinengefahr, achten. Keine Skitouren durchführen, wenn Lawinensprengungen zu erwarten sind. Nur geöffnete Pisten sind vor Lawinen gesichert.
  • Skitouren nur bei genügend Schnee unternehmen. Schäden an der Pflanzen- und Bodendecke vermeiden.
  • Rücksicht auf Wildtiere nehmen. Bei Dämmerung und Dunkelheit werden Tiere empfindlich gestört. Hunde nicht auf Skipisten mitnehmen.
  • Regelungen an den Parkplätzen beachten, Parkgebühren bezahlen, umweltfreundlich anreisen.

Quelle: Deutscher Alpenverein e.V., Abteilung Natur- und Umweltschutz, Stand Januar 2019

An den zentralen Ausgangspunkten der Skigebiete stehen außerdem meistens unübersehbare Infotafeln mit Hinweisen zu Sicherheit und Naturschutz. Auch hier gilt: Lesen, verstehen und sich daran halten.

3. Wer haftet, wenn etwas passiert?

Pistenskitouren sind ganz klar ein Trend. Doch wer haftet eigentlich, wenn es zu einem Unfall bzw. einer Kollision kommt? Der Skigebietsbetreiber? Der schuldige Sportler? Beide Sportler oder gar der Hüttenwirt? Gar nicht so einfach. Denn: Es kommt darauf an, schreibt Sarah Markt vom Österreichischen Kuratorium für Alpine Sicherheit.

Um als Tourengeher auf der möglichst sicheren Seite zu sein, gilt es die in den FIS-Regeln bzw. DAV-Regeln enthaltenen Sorgfaltspflichten einzuhalten.

Ein grobes Fehlverhalten kann im Falle eines Unfalls zu einem Haftungsausschluss oder einer Haftungsteilung führen.

4. Sind Pistenskitouren grundsätzlich erlaubt?

Es überrascht nicht, dass die Frage nach der Haftung bei Unfällen auf Pistenskitouren nicht eindeutig beantwortet werden kann, außer mit der Phrase: es kommt darauf an. Jedoch führt diese Unsicherheit unweigerlich zu der Grundsatzfrage, die Du immer schon vor dem Aufbruch klären solltest: Ist eine Pistentour in Deinem Zielgebiet tatsächlich erlaubt? Auch hier gibt es keine pauschal gültige Antwort, da es je in den verschiedenen Ländern, ja sogar regional deutliche Unterschiede bei den Regeln für Pistenskitouren gibt:

Die lokalen Regelungen für Skitourengeher in Skigebieten des deutschen Alpenraums sind in einer übersichtlichen Liste beim DAV zu finden.

In Skigebieten ist der ausgewiesene Skiraum in der Regel vor Lawinen gesichert. Dies setzt voraus, dass das Skigebiet grundsätzlich geöffnet hat und die entsprechenden Pisten für die Benutzung freigegeben sind.

Vaude/Kathrin Baumann

In Skigebieten ist der ausgewiesene Skiraum in der Regel vor Lawinen gesichert. Dies setzt voraus, dass das Skigebiet grundsätzlich geöffnet hat und die entsprechenden Pisten für die Benutzung freigegeben sind.


5. Sind Skitouren auf Pisten sicherer?

Wenn das Skigebiet offiziell geöffnet hat, kann man das so sagen. Denn nur bei geöffneten Pisten ist sichergestellt, dass ausgewiesene Skitourenrouten auch vor Lawinen gesichert sind und falls nötig Sprengungen vorgenommen wurden.

Außerhalb der Pisten oder wenn diese geschlossen sind, befindest Du Dich als Tourengeher im freien Skiraum und hast entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Dazu gehört die Einschätzung von alpinen Gefahren, den Lawinenlagebericht zu lesen und anzuwenden, die Lawinenausrüstung dabeizuhaben und benutzen zu können. Denn auch in einem geschlossenen Skigebiet kann es mitunter zu Lawinenabgängen kommen.

In vielen Skigebieten wird die Präparierung der Pisten mit dem Windenseil vorgenommen. Das heißt, ein Stahlseil wird sehr straff längs entlang der Piste gesperrt – daran hängt (irgendwo) die Pistenraupe.

Während dem nächtlichen Präparieren sind die Pisten gesperrt. Es bedeutet Lebensgefahr, dieses Gebot zu missachten.

Windseile sind beim Präparieren zum Teil bis zu einem Kilometer gespannt. So ein Stahlseil verhält sich im Fall der Fälle wie eine scharfe Klinge – also einfach das Abfahren um diese Zeiten sein lassen.

6. Brauche ich auf der Piste eine LVS-Ausrüstung?

Das Mitnehmen (und Beherrschen) der Ausrüstung für Lawinennotfälle schadet nie. Denn Du kannst nie wissen, was passiert. Allerdings ist es kein Muss und bist Du ausschließlich(!) zu den offiziellen Zeiten im gesicherten Skiraum und auf Pisten unterwegs, kannst Du auf die Ausrüstung an diesem Tag verzichten.

7. Wer profitiert vom Skitourengehen auf Pisten?

Gerade kleinere und weniger schneesichere Skigebiete werden für Tourengeher immer attraktiver gestaltet. Die Gebietsbetreiber freuen sich über die zusätzlichen Euros, die in den Kassen der Hütten und Parkautomaten bleiben. Auch gibt es auf manchen Hütten ein extra Sparschwein, dessen Futter am Ende den Pistenraupenfahrern zugute kommt.

Viele Skigebiete wie das Heutal bei Unken sind mittlerweile auf Skitourengeher eingestellt und bieten ausgewiesene Aufstiegsrouten.

TVB Salzburger Saalachtal

Viele Skigebiete wie das Heutal bei Unken sind mittlerweile auf Skitourengeher eingestellt und bieten ausgewiesene Aufstiegsrouten.


Manche Skigebiete, wie das Heutal bei Unken, sind bei Skitourengehern sehr beliebt. Für ein reibungsloses Miteinander wurde hier vor einigen Jahren eine eigene Aufstiegsspur eingerichtet. Die präparierte Skitourenroute führt am linken Pistenrand entweder zur Wildalm oder weiter zur Bergstation des Sattelkurvenliftes.

8. Muss ich (immer) ein Tourengeher-Ticket kaufen?

Mittlerweile ist in vielen der beliebten Pistenskitouren-Gebiete üblich, ein Tourengeher-Ticket zu lösen. Dieses beinhaltet zum Teil auch einzelne Bergfahrten und/oder die Parkgebühren. Infos dazu liefert in der Regel die Webseite des Skigebietsbetreibers.

Ob Neueinführung oder Preisanpassung – Tourengehertickets werden jeden Winter aufs Neue emotional diskutiert.

Grundsätzlich sollte Dir als Pistentourengeher bewusst sein, dass Du beim Aufstieg am Pistenrand oder auf ausgewiesenen Skitourenrouten von den Annehmlichkeiten der Skigebiete und der bereitgestellten Infrastruktur profitierst – auch wenn Du den Lift selbst gar nicht nutzt.

Auch bei der Abfahrt freuen sich die meisten Pistentourengeher über erstklassig präparierte Pisten – nicht nur dann, wenn das Gelände abseits der Beschneiungsanlagen noch schneefrei ist. Auch geräumte Parkplätze und Toiletten sind jedem willkommen.

Angesichts der stetig steigenden Zahlen an Pistengehern sollte klar sein, dass dieser Service nicht selbstverständlich umsonst sein kann. Manche, von Tourengehern regelrecht überrannte, Skigebiete legen die Preislatte für Skitourentickets mittlerweile auch ganz bewusst recht hoch. So weicht vielleicht der ein oder andere doch wieder mehr ins freie Gelände aus.

9. Wo gibt es Skitourenlehrpfade und ausgewiesene Routen?

In einigen Skigebieten gibt es neben einer ausgewiesenen Aufstiegsroute auch Skitourenlehrpfade. Insbesondere Anfänger bekommen auf derartigen Lehrwegen über Schautafeln und Übungsfelder direkt vor Ort eine Portion Wissen vermittelt, das sie gleich auf Skitour anwenden können. Auch fortgeschrittene Tourengeher können die Grundlagen an solchen Einrichtungen wiederholen.

Skitourenlehrpfade in Bayern

  • Tegelberg bei Schwangau
  • Unternberg bei Ruhpolding
  • Brauneck bei Lenggries
  • Obersalzberg bei Berchtesgaden

Ausgewiesene Tourengeher-Routen gibt es mittlerweile in sehr vielen Skigebieten. Angesichts der stetig wachsenden Zahl an Pistentourengehern sind diese vielerorts einfach notwendig, um die ansteigende Karawane sicher an den abfahrenden Skifahrern vorbei zu leiten. Einen Überblick der Skitouren-Skigebiete im bayerischen Alpenraum gibt’s beim DAV.

Neben dem Wie und Wo zu Pistenskitouren, kannst Du Dir auch Gedanken über die Wahl der richtigen Ausrüstung bei Skitouren machen.

Hier findest Du alle Infos dazu, welche Ausrüstung Du für den Einstieg ins Tourengehen brauchst.

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Mehr zum Thema Skitouren im Bergzeit Magazin

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