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Unterwegs zuhause im Zelt

Zelte für den Outdoor-Einsatz: Welches Modell für welchen Zweck?

9 Minuten Lesezeit
Tunnelzelt, Kuppelzelt oder Geodät? Wofür soll das neue Zelt eigentlich sein? Welche Wassersäule sollte es besitzen? Und was gilt es beim Material der Außenzeltwand zu beachten? Wir erklären Dir, welche Zelte fürs Wandern, Trekking oder hochalpine Nächte die richtigen sind.

Über kaum einen anderen Ausrüstungsgegenstand macht man sich vor dem Kauf so viele Gedanken wie über das Zelt. Denn es gilt einen guten Kompromiss zu finden aus Größe, Komfort, Gewicht und Preis. Darin ist eine schlechte Nachricht versteckt: Denn die Zeltwahl ist immer ein Kompromiss. Die gute Nachricht aber ist: Investiert man etwas Zeit in seine Auswahl, ist es kein Hexenwerk, ein Zelt zu finden, das den eigenen Ansprüchen gerecht wird.

Umso wichtiger ist es die Vor- und Nachteile verschiedener Zeltkonstruktionen und die Eigenschaften der verwendeten Materialien zu kennen. In welcher Gegend und zu welcher Jahreszeit wird die Tour stattfinden oder verbringt man in der Regel die meiste Zeit draußen? Welche Rolle spielen Packmaß und Gewicht? Wie groß ist der Platzbedarf?

1. Schritt: Das Einsatzgebiet Deines neuen Zelts

Bergtour, Expedition, Tropen, humide Regionen, aride Regionen, (Winter-)Trekking usw: Die erste Frage beim Zelt kaufen ist natürlich immer: Wofür brauche ich das Zelt? Denn davon hängt die Art der Zeltkonstruktion ab.

Zelte für die Bergtour

In den Bergen ist man mit einem Kuppelzelt gut beraten | Foto: Hilleberg
In den Bergen ist man mit einem Kuppelzelt gut beraten | Foto: Hilleberg

Hier bieten sich Kuppelkonstruktionen aufgrund ihres geringeren Platzbedarfs an. Durch die freistehende Konstruktion kommen sie gut mit steinigen und schwierigen Untergründen klar.

  • Hochalpiner Einsatz (etwa auf Expeditionen): Hohe Schneelasten und stürmisches Wetter sind der Einsatzbereich von stabilen Geodäten. Spielt das Gewicht und minimale Stellfläche eine entscheidende Rolle, kann man auch den Einsatz von Einwandzelten, sogenannten Singlewalls, mit atmungsaktivem Außenzelt in Erwägung ziehen. > Zu den Expeditionszelten bei Bergzeit
  • Zelten in warmen Gegenden (etwa Südeuropa): Leichte Materialien aus Mesh (ein luftdurchlässigen Netz-Textilgewebe), ein Spalt zwischen Außenzelt und Boden sorgen für eine gute Belüftung. Praktisch ist ein freistehendes Innenzelt, welches dann nur als Insektenschutz dient. So lässt sich eine heiße Sommernacht angenehm überstehen.
  • Kühle, regenreiche Gegenden (etwa Nordeuropa): Einen schnellen, unkomplizierten Aufbau garantieren gekoppelte Innen- und Außenzelte. Robuste Materialien, genügend Abspannpunkte, ein winddichtes Innenzelt, ein bis zum Boden gezogenes Außenzelt lassen auch einen Sturm und Platzregen gut aussitzen. Praktisch sind große Apsiden, wie man sie bei Tunnelzelten findet.
  • Wintertrekking z.B. in Skandinavien: Eine typische Domäne für Tunnelzelte. Sehr robuste Materialien, Stoffe und Gestänge sind unabdingbar. Verschließbare Lüfter, und ein heruntergezogenes Außenzelt, eventuell sogar Snowflaps (Abdecklappen zum Boden hin) sperren Flugschnee aus. Wichtig ist auch eine komplette Bedienbarkeit mit Handschuhen (Aufbau, Reißverschlüsse, Lüfter). Große Apsiden zum Kochen sind bei stürmischem Wetter absolut notwendig.
  • Ultraleicht-Trekking: Möchte man Gewicht einsparen muss man auf ungewöhnliche Konstruktionen zurückgreifen – zum Beispiel Singlewall – Zelte, Tipis, Tarp-Zelte. Zeltgestänge werden oft durch Trekkingstöcke ersetzt, auf Innenzelte oft verzichtet. Für erfahrene Trekker sind so auch anspruchsvolle Touren ohne Komforteinbuße möglich.

2. Schritt: Unterschiedliche Zeltformen

Jetzt hast Du also eine grobe Orientierung, welche Zeltkonstruktionen für Dich prinzipiell in Frage kommen. Im Folgenden sind diese Konstruktionen noch einmal genauer erklärt.

Tunnelzelte

Mindestens zwei parallel verlaufende Gestängebögen bildet das Gerüst für die Tunnelzelte. Durch die steil ansteigenden Wände bieten sie das beste Raum-/Gewichtsverhältnis. Gerade für Personen mit einer Körpergröße über zwei Meter bieten sie oftmals die einzige Möglichkeit eines passenden Trekkingzeltes.

Sie sind blitzschnell aufgebaut. Innen- und Außenzelt sind in den meisten Fällen gekoppelt. Im Gegensatz zu anderen Konstruktionen lässt sich das Gestänge bereits im flachen Zustand einfädeln und spannen. Ein Vorteil wenn es sehr windig ist. In Längsrichtung und gut abgespannt sind diese Konstruktionen sehr windstabil. Nachteilig sind allerdings die 4-6 Abspannpunkte die man zum Aufstellen mindestens braucht. Ein schnelles Umsetzten des aufgebauten Zeltes wird so erschwert. Durch die verhältnismäßig großen Stoffflächen kann es zudem bei Wind recht laut im Zelt werden.

Kuppelzelte und Geodäten

Bei Kuppelzelten kreuzen sich die Gestänge mindestens einmal, bei Geodäten mehrmals. Dadurch erreicht man eine weitgehend freistehende Konstruktion, welche auch nach dem Aufbau ohne Probleme bewegt werden kann. Ein Vorteil bei sehr steinigem Untergrund. Bei Wind müssen aber auch diese Konstruktionen gut abgespannt werden. Nur die Ecken zu fixieren reicht oft nicht. Sie eignen sich besonders für Regionen mit wechselnden Winden. Durch die gekreuzten Gestänge vertragen sie deutlich höhere Schneelasten als z.B. Tunnelzelte. Ein Nachteil beider Typen ist das höhere Gewicht durch den höheren Gestängeanteil und die schlechtere Raumausnutzung.

Firstzelte und Tipis

Obwohl schon ewig auf dem Markt erleben gerade diese Typen in jüngster Vergangenheit eine Wiedergeburt auf der Suche nach immer leichterem Equipment. Der Grund ist einfach: Als Gestänge benötigt man bei Tipis nur eine Mittelstange, bei kleinen Firstzelten reichen sogar die Trekkingstöcke.

Oft wird bei diesen Typen auf ein Innenzelt verzichtet, wodurch sich das Gewicht noch einmal reduziert. Wichtig für die Stabilität ist ein stabiler Untergrund der den Heringen genügend Halt bietet. Dann stehen Firstzelte und Tipis sehr stabil.

3. Schritt: Materialkunde bei Zelten

So ein Zelt besteht aus mehreren aufeinander abgestimmten Komponenten, die je nach Einsatzzweck unterschiedlicher sind. Von der Außenhaut bis hin zum Zelthering gibt es eine Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten. Außerdem ist es wichtig zu wissen wie man im Notfall sein Gestänge oder ein Loch in der Zeltwand reparieren kann.

Nylon vs. Polyester als Zeltwand

Bei den Außenzeltmaterialien kommen hauptsächlich Nylon- und Polyester-Stoffe zum Einsatz.

  • Nylon (Polyamid) besitzt eine hohe Reiß- und Scheuerfestigkeit und hohe Elastizität. Um die Weiterreißfestigkeit noch einmal zu erhöhen wird meist Ripstop-Nylon mit eingewobenen Verstärkungsfäden verwendet. Nachteil ist die Feuchtigkeitsaufnahme und die damit einhergehende Dehnung bei Nässe.
  • Polyester besitzt eine geringe Reißfestigkeit als Nylon. Die verwendeten Stoffe sind schwerer und relativ lichtundurchlässig. Durch die geringe Wasseraufnahme dehnt sich Polyester allerdings weniger als Nylon.

Die Zeltwand: Beschichtungen für den Wetterschutz

Das Outdoor-Zelt ist ein zuverlässiger Begleiter - bei Sonnenschein und bei Regen. | Foto: Vaude/Moritz Attenberger
Das Outdoor-Zelt ist ein zuverlässiger Begleiter – bei Sonnenschein und bei Regen. | Foto: Vaude/Moritz Attenberger

Nylon und Polyester müssen beschichtet werden, um wasserdicht zu sein. Bei hochwertigen Zelten kommen entweder Polyurethan- oder Silikonbeschichtungen zum Einsatz.

  • Durch Polyurethanbeschichtungen (PU) erreicht man eine sehr hohe Wasserdichtigkeit. Werte von 3.000 – 5.000 Millimeter Wassersäule an Außengeweben und 5.000 – 10.000 Millimeter am Boden sind die Regel. Die Beschichtung bleibt kälteflexibel und bietet die Möglichkeit der werkseitigen Nahtdichtung durch ein Tape. PU-Beschichtungen werden einschichtig aufgetragen und schwächen das Trägergewebe etwas. Zum Einsatz kommt es meist bei günstigeren Zelten und als Bodenbeschichtung. Die Beschichtung altert schneller als hochwertige Silikonbeschichtungen.
  • Silikonbeschichtungen sind sehr langlebig, erhöhen die UV-Beständigkeit und Reißfestigkeit deutlich. Weitereißwerte von bis zu 18 kg sind möglich. Nachteilig sind die geringe Scheuerbeständigkeit und die fehlende Möglichkeit der Nahtversiegelung ab Werk. Die Werte für die Wassersäule betragen zwischen 1.500 und 3.000 mm.

Baumwollzelte sind unbeschichtet. Das Gewebe kann Wasserdampf passieren lassen und bietet so im Inneren ein deutlich angenehmeres Klima. Bei Regen quillt die Baumwolle, schließt so die offenen Poren und dichtet sich so selbst ab. Die Natur weiß sich in diesem Fall wieder einmal selbst zu helfen.

Gestänge, ohne Stützen kein Zelt

Bei Trekkingzelten haben leichte, biege-elastische und schnell reparierbare Aluminiumgestänge die schweren bruchanfälligen Glasfibergestänge abgelöst. Zum Einsatz kommen eine Reihe unterschiedlicher Legierungen und Elastizitäten. Die Nummerierungen 7006 oder 7075 geben die Art der Legierung an, die für die Festigkeit verantwortlich ist. Die Kürzel T6 oder T9 bezeichnen die Art der Wärmebehandlung, die hohen Einfluss auf die Elastizität hat. Stahlgestänge finden bei großen Familienzelten mit hohem Eigengewicht und einer großen Windangriffsfläche Verwendung. Nur sie garantieren ausreichend Stabilität bei großen Belastungen.

Wassersäule, je höher desto regensicherer ist das Zelt?

Trocken geblieben? Mit dem richtigen Material keine Frage. | Foto: Bergans/Fredrik Schenholm
Trocken geblieben? Mit dem richtigen Material keine Frage. | Foto: Bergans/Fredrik Schenholm

Zur Bestimmung der Wasserdichtigkeit wird der betreffende Stoff auf eine zylinderförmige Messeinrichtung gespannt und solange der Wasserdruck erhöht bis sich Wassertropfen durch das Gewebe drücken.

Die Frage nach der Höhe der Wassersäule kommt im Beratungsgespräch immer wieder auf. Die Bedeutung der Wassersäule ist beim Außenzelt geringer als man erwartet. Sehr hochwertige silikonbeschichtete Gewebe weisen deutlich geringere Werte als PU- beschichtete Gewebe auf. Wichtig ist die Qualität der Beschichtung, deren Langlebigkeit und eine gute Imprägnierung um ein Vollsaugen des Außenmaterials zu verhindern. Ab einem Wert von ca. 1.300 Milliliter gilt ein Stoff in Deutschland als wasserdicht. Beim Bodenmaterial ist man ab Werten über 5.000 Millimeter  auf der sicheren Seite. Wegen der starken punktuellen Belastung sind die Anforderungen an die Dichtigkeit dort wesentlich höher.

Nahtdichtigkeit, wie wird die Naht am Zelt dicht?

Als Nahtmaterial wird ein baumwollummantelter Polyesterfaden verwendet, welcher bei Nässe aufquillt und so die Naht dichten soll.

Bei PU-beschichteten Zelten ist zudem ein Tape von innen auf die Naht aufgebracht was absolute Dichtheit garantiert. Anders bei silikonbeschichteten Zelten. Da das Tapen hier nicht möglich ist, können unter Umständen paar Wassertropfen durch die Naht gelangen. Wer dem vorbeugen möchte, wird um ein nachträgliches Abdichten mit einem Nahtdichter von McNett nicht herum kommen.

Kondenswasser wird oft unterschätzt

Bilden sich am Außenzelt von innen Tropfen kann auch Kondensfeuchtigkeit die Ursache sein. Liegt der Zeltplatz auf einer Wiese, war es in der Nacht feuchtkalt, wurde viel im Zelt gekocht, sind die Lüfter geschlossen? Nicht immer ist die Ursache eindeutig zu klären. Je nach Einsatzgebiet sollte das Zelt über Möglichkeiten der Belüftung verfügen um dem vorzubeugen. Baumwollzelte, bei denen ein Wasserdampftransport auch durch das Gewebe erfolgen kann, haben diese Probleme deutlich weniger.

Zeltheringe auf dem Festland

Jedes Zelt wird mit einer ausreichenden Anzahl Zeltheringen ausgeliefert. Oft sind dies einfache Rundheringe. Je nach Reiseziel und zu erwartendem Untergrund sollten diese aber unter Umständen ergänzt werden.

Universalheringe wie Y- oder V-förmige Heringe für weiche bis harte Böden, bieten aureichend Fläche und Halt in weichen Wiesen- oder Waldböden und sind stabil genug um Steinen zu widerstehen.

Zeltnägel Rockpins: aus Stahl, Aluminium oder Titan sind ideal für besonders felsdurchsetztes, alpines Gelände wo manchmal nur beherztes Hämmern mit dem Felsbrocken für Stabilität sorgt.

Sandanker, Schneeheringe bieten durch die große Fläche auch in lockerem Untergrund besten Halt. Idealerweise werden sie als T-Anker vergraben.

4. Das Zelt reparieren, im Notfall gerüstet sein

Je nach Beschichtungsart des Außengewebes verwendet man unterschiedliche Kleber zum Abdichten und Flicken von Löchern. Man sollte schon gerüstet sein, sonst kann eine Nacht schon ungemütlich werden.

  • Bei PU-beschichteten Geweben kommt Seam-Grip zum Einsatz. Damit können undichte Nähte problemlos abgedichtet werden. Bei kleinen Löchern von Dornen oder Steinen reicht es zum Abdichten einen kleinen Tropfen auf die entsprechende Stelle aufzubringen. Kleinere Risse können mit einem runden, flächig verklebten Flicken repariert werden.
  • Für silikonbeschichtete Gewebe verwendet man entsprechend Sil-Net, einen Kleber auf Silikonbasis.
  • Im Falle eines Gestängebruchs empfiehlt es sich eine Reparaturhülse mit auf Tour zu nehmen: Diese wir einfach über das geknickte Segment geschoben, mit Tape fixiert, und schient so das Segment.

Mehr zum Thema Zelten und Zelte im Test findest Du hier:

 

 

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