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Barfußfeeling auf dem Trail

Merrell Trail Glove 5: Barfußlaufschuhe im Test

6 Minuten Lesezeit
Wie läuft sich die mittlerweile fünfte Version des Barfußklassikers Trail Glove von Merrell? Für welches Gelände und welchen Läufertyp eignet sich der Barfußlaufschuh? Das erfährst Du hier im Testbericht!

„Das ist aber wenig Schuh“, denke ich, als ich den Trail Glove 5 das erste Mal aus dem Schuhkarton nehme. Der Schuh ist sehr minimalistisch aufgebaut, verzichtet auf unnötigen Ballast und ist dadurch extrem leicht – wie ein richtiger Barfußschuh eben.

Merrell versucht mit dem Trail Glove die Brücke zwischen reinen Barfußschuhen und Trailrunningschuhen zu schließen – und damit das Barfuß-Feeling auch auf Trails zu übertragen. In den Sommermonaten konnte ich den Barfußlaufschuh ausgiebig testen. Nach anfänglicher Skepsis entpuppte er sich nach und nach als Allrounder für Alltag und Sport.

Design

Bei näherer Inspektion sticht die besondere Form ins Auge. Der Schuh wirkt durch die fehlende Sprengung sehr flach und direkt, der etwas breitere Vorfußbereich erinnert mich ein wenig an Entenfüße. Die Verarbeitung ist hochwertig, sämtliche Nähte sind gut verarbeitet und es zeigen sich keine Klebereste. Auch der Innenschuh reibt nicht. Man kann den Trail Glove 5 also auch prima ohne Socken tragen – barfuß eben. Mein Modell ist etwas farbenfroher gehalten (Grautöne mit gelben und roten Elementen) – andere Varianten sind etwas schlichter gestaltet.

Zwei Beine in den Trail Glove 5 Barfußaufschuhen von Merrell auf herbstlichem Moos und Blättern.
Die typische Barfußform mit breiterem Vorfußbereich, eine minimale Dämpfung und keine Sprengung: der Trail Glove 5 ist ein echter Barfuß-Laufschuh. | Foto: Basti Fiedler

Passform und Tragegefühl

Das gesamte Obermaterial ist gleichmäßig dünn und sorgt für eine gute Passform – eine wirkliche Unterstützung gibt es aber nicht. Auch der Fersenbereich zeigt keine harte Fersenkappe, sondern ist sehr weich. Das finde ich persönlich sehr angenehm, es wird manchem Läufer aber anfangs ungewöhnlich vorkommen. Das Obermaterial ist angenehm zu tragen und der Schuh lässt sich durch die Schnürung gut an den Fuß anpassen. Insgesamt ist der Trail Glove sehr bequem – wenn auch auf eine andere Art und Weise als andere Schuhe (auch Barfußschuhe).

Das erste Tragegefühl ist dann auch etwas ungewöhnlich, man trägt zwar einen Schuh und hat eine schützende Sohle unter den Füßen, aber es fehlt jegliche Unterstützung. Das ist anfangs durchaus gewöhnungsbedürftig: das Fußgewölbe wird nicht gestützt, es gibt nur eine minimale Dämpfung und auch eine Sprengung sucht man vergebens.

Im Vergleich zu noch minimalistischeren Barfußlaufschuhen, etwa dem Vapor Glove, hat die Sohle des Trail Glove etwas mehr Härte und Verwindungssteife, was für das Laufen im Gelände wichtig ist. Die Vibram®-Sohle soll auch auf Trails die nötige Sicherheit bringen – dafür sorgt die bis zu drei Millimeter messende Profiltiefe. Auch bei leicht felsigem oder rutschigem Untergrund hat man so genügend Halt.

Der Test: Laufen mit dem Trail Glove 5

Soweit die ersten Eindrücke, doch was zählt, sind die gelaufenen Kilometer im Schuh. Schon bei der ersten Einheit merke ich, dass der Merrell Trail Glove „gelaufen“ werden will. Sprich, ich muss etwas aktiver sein als bei herkömmlichen Laufschuhen. Die Fußmuskulatur muss mehr arbeiten, man wird durch die fehlende Unterstützung jedoch auch zu einem sauberen Laufstil über den Vor- und Mittelfuß gezwungen. Schlampiges, passives Laufen wird vom Trail Glove eher ein wenig abgestraft. Vorsichtshalber habe ich den Schuh deshalb anfangs nur für kürzere Einheiten oder zum Ein- und Auslaufen genutzt. Trotzdem habe ich am nächsten Tag meine Füße und Waden gespürt. Mit der Zeit habe ich mich jedoch zunehmend an das Laufgefühl gewöhnt.

Ein Läufer auf einem Weg in herbstlicher Landschaft.
Ist man Barfußlaufschuhe nicht gewöhnt, spürt man Waden und Füße nach dem Training ordentlich. Daher: langsam herantasten und den Laufstil bewusst anpassen. | Foto: Basti Fiedler

Für mich persönlich war auch interessant zu sehen, dass der Schuh bei verschiedenen Geschwindigkeiten anders funktioniert. Bei etwas höherem Tempo kommt einem das direkte Laufgefühl zu Gute, teils erinnert das Modell an sehr minimalistische Wettkampfschuhe. Bei langsamem Tempo – gerade im Gelände – spürt man hingegen genau, wie viel die Fußmuskulatur arbeiten muss, um die vielen kleineren und größeren Unebenheiten auszugleichen. Die Propriozeption funktioniert hier gut, man bekommt sehr viel mehr Feedback über den Untergrund als mit gedämpfteren Schuhen. Die Verstärkung im Vorfußbereich (TrailProtect™ Rock Plate) schützt aber vor zu direktem Steinkontakt. Auch wenn der Trail Glove im Vergleich zu anderen Barfußschuhen damit mehr Schutz bietet – für sehr steinige Trails ist er mir persönlich doch zu minimalistisch (oder meine Füße zu verweichlicht).

Einsatzbereich: Für wen ist der Barfuß-Laufschuh geeignet?

Eigentlich für jeden – zumindest mit ein paar Abstrichen. Gerade Anfänger oder Läufer mit Beschwerden im Bereich der Füße sollten anfangs sehr vorsichtig sein. Dadurch, dass der Barfußschuh keine wesentliche Unterstützung gibt, muss die Fußmuskulatur sehr viel arbeiten. Das ist auf der einen Seite ein sehr gutes Training, kann aber auf der anderen Seite rasch zu Überlastungen und Verletzungen führen. Man sollte die Schuhe daher mit Bedacht einsetzen, beispielsweise nur für kürzere Einheiten oder nur für ein Training pro Woche, um sich langsam an die ungewohnte Belastung zu gewöhnen. Auch etwas schwerere Läufer sollten mit diesen Schuhen etwas zurückhaltend sein, um den Bewegungsapparat nicht zu überlasten.

Bevorzugt eignet sich der Trail Glove 5 für Vor- bzw. Mittelfußläufer. Das klassische Abrollen ist aus meiner Sicht mit dem Modell nicht sinnig, da kaum Dämpfung besteht und der Aufprallstoß direkt auf Knie und andere Gelenke weitergegeben wird.

Testfazit zum Merrell Trail Glove 5

Der Trail Glove 5 ist aus meiner Sicht kein Schuh, um unendlich Kilometer pro Woche abzuspulen (auch wenn gut trainierte Barfußläufer das sicher können). Vielmehr kann man ihn als gezielte Ergänzung im Training einsetzen, um die Fußmuskulatur zu stärken und den Laufstil zu verbessern. Im Vergleich zu anderen Barfußschuhen erlaubt er aber eine vielseitige Anwendung auch im Gelände und beschränkt sich nicht auf die Straße. Gerade bei etwas flotteren Läufen auf Waldwegen macht der Trail Glove richtig Spaß.

So haben Fans des Natural Running nun auch ein Modell zur Hand, das ihnen auf Trails etwas mehr Support bietet und das Spektrum nochmals erweitert. Für die einen ersetzt der Barfußlaufschuh andere Modelle, für die anderen ist er ein Trainingsgerät, das aktiv die Fußmuskulatur und den Laufstil trainiert. Auch für Wanderungen und im Alltag lässt sich der Trail Glove 5 gut tragen.

Aber Achtung: Der Trail Glove will gelaufen werden – die Fußmuskulatur wird sich spätestens nach dem ersten Training melden. Achte deshalb unbedingt auf eine langsame Gewöhnung, um keine Verletzung oder Überlastung zu riskieren.

Der Trail Glove 5 im Überblick

  • Preis: 120€ UVP
  • Gewicht (Paar, Gr. 42): 396 Gramm
  • Sprengung: 0 Millimeter
  • Futter: M-Select™ Fresh (geruchtsneutralisierend)
  • Obermaterial: Mesh Obermaterial mit TPU Verstärkungen
  • Vorfußschutz: TrailProtect™ Rock Plate Vorfußprotektor
  • Sohle: Vibram® TC5+ Laufsohle mit drei Millimeter Profiltiefe
  • Einsatzgebiet: Barfußlaufschuh für abseits der Wege

Beiträge rund um Barfußlaufschuhe im Bergzeit Magazin:

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