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Power & Gefühl

Der Kletterschuh Scarpa Mago im Test

5 Minuten Lesezeit
Vorne präzise, in der Mitte luftig, hinten solide. Das ist der erste Eindruck von Stefan beim Test des neuen Mago. Wie sich das auf die Kletterperformance auswirkt, erklärt er in seinem Testbericht!

Kennst Du das: Du siehst etwas und hast eine genaue Erwartung, wie es sich anfühlt. Und dann ist plötzlich alles ganz anders! So ging es mir mit neuen Kletterschuh Mago von Scarpa.

Aber eins nach dem andern. Lange waren Scarpa und ich in Sachen Kletterschuhe nicht die besten Freunde. Deshalb wusste ich auch nicht wirklich, was mich erwartet, als ich sagte: Klar, gerne teste ich den Mago! Aber irgendwo hatte ich den Namen Mago schon mal gehört…

Scarpa Mago 2007 vs. 2022

Also erst mal setzen, Geschichtsunterricht. Wir schreiben das Jahr 2007. Heinz Mariacher, der bei La Sportiva Kletterschuhe wie den Mythos, Miura entwickelt hatte, war kurz zuvor zu Scarpa gewechselt. Er war damals maßgeblich an der Entwicklung des Mago beteiligt, einem DER High-End Schuhe der Nullerjahre. Long story short: Es gab mehrere Updates zu diesem Stück Klettergeschichte – so auch jetzt im Jahr 2022. Wobei die etwas spezielle Form des alten Mago doch etwas im Sinne der Massentauglichkeit überarbeitet wurde. Zum Glück.

Und als ich genau in diesem Jahr 2022 den Scarpa Kletterschuh-Karton öffne erschrecke ich etwas: Ziemlich viel Vorspannung, etwas Downturn und ganz schön viel Asymmetrie (womit ich mir als Skwama-Fan nicht immer leicht tue). Ich habe in diesem Bereich nicht nur positive Erfahrungen gemacht.

Ziemlich viel Vorspannung, etwas Downturn und ganz schön viel Asymmetrie – und irgendwie doch bequemer als erwartet.

Als ich mit den Schuhen das erste Mal an der heimischen Boulderwand aufschlage, bin ich mehr als überrascht: Der Mago ist bequemer als erwartet. Der Mago ist viel weicher als erwartet. Und kleine Tritte kann der richtig, richtig gut. Vorne präzise und fest, in der Mitte weich, hinten fest. Irgendwie ungewohnt.

Passform und Größe des Mago

Tipps zur richtigen Größenwahl

Vorneweg: Vielen Dank an Scarpa, dass ich hier soweit mit meiner Straßenschuh-Größe hantieren kann! Ausrufezeichen. Ich habe den Mago exakt in meiner „normalen“ Größe, in 42,5 gewählt. In meiner Wahrnehmung ist das die Komfort-Größe, also mit dem man im eingetragenen Zustand auch lange Routen klettern kann und will.

Eventuell würde ich das nächste Mal eine halbe Größe weglassen, für etwas mehr Zug im Schuh auf ganz kleinen Tritten. Ist in der Einkletterphase zwar etwas anstrengender, lohnt sich aber danach. Profis mit hoher Leidensfähigkeit können sicher auch eine, bei schmaler Fußform sogar eineinhalb Größen kleiner nehmen (bin ich beides nicht: weder Profi noch übermäßig leidensfähig). Falls Du hier Erfahrungen hast: Schreib mir in die Kommentare, welche Größe Du trägst!

Vorne präzise, Mitte luftig, hinten solide. Das fühlt sich anfangs ungewohnt an.

Stefan Rehm

Vorne präzise, Mitte luftig, hinten solide. Das fühlt sich anfangs ungewohnt an.


Vorne präzise, Mitte luftig, hinten solide. Das fühlt sich anfangs ungewohnt an.

Stefan Rehm

Auf kleinsten Tritten kann der Scarpa Mago seine Stärke voll ausspielen.


Passform und Tragekomfort des Scarpa Mago

Die Passform ist einigermaßen breit und passt gut für mich; einzig mein recht langer Zeigezeh (griechische Fußform) muss sich immer etwas einklappen. Um mal den Kletterschuhnerd loszulassen: Die Kombi aus der Zwischensohle für Stabilität im Vorderfußbereich und das weiche X-Tension-System (der weiche, gelbgrüne Gummi, der im Mittelfußbereich für das leichte Gefühl, aber auch die Spannung sorgt) fand ich ja persönlich beim ersten Einsatz sehr gewöhnungsbedürftig. Aber je mehr ich mich bei diesen Scarpa Kletterschuhen daran gewöhnt habe, umso besser fand ich diese Kombi.

Hier das Ganze noch mal in technischen Facts:

💡 Factsheet – das Wichtigste in Kürze
  • 3,5 Millimeter Vibram XS Grip 2 Sohle (sensible, eher dünne Vibram Sohle für viel Gefühl)
  • TPS 3D Zwischensohle, thermoverformbar (jaja, fancy Name. Am Ende sorgt die für den „Zug“ und die Kraftübertragung auf kleinen Tritten)
  • X-Tension-System (das ist der Teil, der dafür sorgt, dass sich der Schuh um den Mittelfuß so luftig anfühlt)

Video: Scarpa Produktentwickler Nathan erklärt den Mago

In diesem Video erklärt Scarpa Produktentwickler & Kletterer Nathan Hoette den Aufbau des Mago sehr anschaulich – und was genau es eben mit der speziellen Zwischensohle und dem X-Tension-System zu tun hat. Was Du davon merkst, ist: vorne fest, Mitte luftig, hinten fest. Wie gesagt, etwas ungewohnt, aber mit der Zeit ziemlich gut!

Mago im Praxistest: Boulderkeller, Boulderhalle und Routenspulen

Seine ersten Einsätze hat der Mago im heimischen Boulderkeller. Was soll ich sagen: Auf kleinen Tritten ist der Schuh echt der Knaller. Die Kraft überträgt sich super auf die Spitze.

Auf meiner kleinen 45 Grad-Boulderwand sind etliche Spax verstreut. Hier kann der Mago seine Stärke voll ausspielen. Auch sonst bietet er hier eine solide Performance. Auch in der Boulderhalle fühlt sich der Mago im flachen wie im steilen Gelände, auf kleinsten Tritten wie auch großen Volumen wohl.

Im Vergleich zum Furia Air, der im Moment noch in meinem Boulderhallenrucksack hast, kommt mir der Mago sehr entgegen: Er ist etwas breiter und die Schnürung gibt mir immer das Gefühl von etwas mehr Halt, aber das ist sicher auch Geschmackssache …

Viel Gefühl und trotzdem vollen Zug auf den großen Zeh - das bietet der Scarpa Mago! | Foto: Stefan Rehm

Stefan Rehm

Viel Gefühl und trotzdem vollen Zug auf den großen Zeh – das bietet der Scarpa Mago! | Foto: Stefan Rehm


Und dann musste der Mago noch durch den Intensivtest. Nach einer Erstbeschraubung musste bzw. durfte ich Routen testen. Das heißt, dass ich über drei Tage verteilt etwa 15-20 Routen gespult habe, mit dem Mago. Mein Fazit hier ist gemischt: In Sachen Performance bin ich überzeugt. Steht auf Leisten, steht auf kleinen, präzisen Tritten und auf großen ja sowieso. Und der Hook hält dank Schnürung für mich auch gut!

Stefans Fazit zum Scarpa Mago
– Unser Experte Stefan Rehm, Magazin-Redakteur, Klettertrainer und Kletterschuh-Nerd
Der Mago ist ein großartiger, sensibler und doch stabiler Schuh. Für lange Routen, in denen man viel auf seinen Füßen stehen muss, ist er mir aber etwas zu weich. Aber gerade fürs Seilklettern in der Halle ein super Kompromiss zwischen Komfort und Performance!

Trotzdem: Gerade wenn man lange klettert ist man vielleicht mit einem Schuh, der gerade im Mittelfußbereich etwas mehr Stabilität bietet, besser beraten. Ist aber sicher auch Geschmacks- und Schuhgrößensache (je größer die Füße umso mehr Spannung und so weiter). Und eine Frage, wie gut Dein Fußgewölbe so ist.

Fazit zum Scarpa Mago Test

Für wen und für was ist der Mago der richtige Schuh? Erst mal kann der Schuh aus meiner Sicht alles im Sportklettern und Bouldern ein bisschen. In Sachen Können und Vorwissen richtet sich der Schuh für mich ganz klar an Ambitionierte und fortgeschrittene Kletternde.

Für alle, die einen weichen, sensiblen Schnürer für schwere Routen suchen – klare Empfehlung!

Seine besonderen Stärken sehe ich beim präzisen Klettern auf kleinen Tritten mit begrenzter Routenlänge oder beim Bouldern. Draußen in höheren Schwierigkeiten kann der Schuh super sein. Ich würde aber immer ein etwas stabileres zweites Paar im Rucksack empfehlen.

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