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Dickes für Hohes

Ocun Paddy Dominator: Crashpad im Test

9 Minuten Lesezeit
Crashpads gibt es mittlerweile so zahlreich wie Boulder in Fontainebleau. Die Firma Ocun aus der Tschechischen Republik hat ein Highball-Pad, das Ocun Paddy Dominator, mit speziellem Schaumstoff entwickelt. Martin Hanke und Chris Münch haben es ausprobiert.

Seit etwa 1947 gehen die Menschen zum Bouldern. Die ersten Male wurden die Sandsteinblöcke in Fontainebleau in Frankreich, auch heute noch als DAS Bouldermekka Europas bekannt, beklettert – so jedenfalls die Geschichtsschreibung des Boulderns. In den Vereinigten Staaten war es John Gill, der in den 1950er und 1960er Jahren ziemlich raffiniert und dynamisch an Blöcken kletterte. Damit war er vielen anderen Bergsteigern der damaligen Zeit voraus, die das Bouldern nur als Training für hohe Gipfel und Wände sahen. Bouldern entwickelte sich immer mehr zu einer eigenständigen Sportart, die natürlich auch spezielle Ausrüstung benötigt, wie z.B. das Crashapd als sturzdämpfende Matte unter dem Boulderblock.

Nicht von oben ohne Pad

Die Bleausards, also die einheimischen und älteren Boulderer in Fontainebleau, halten bis heute nicht viel von Crashpads. Meist haben sie nur einen Fußabstreifer dabei, aber sie scheinen sowieso nie von einem der Griffe oder Tritte zu rutschen. Jedenfalls habe ich das bei meinen Besuchen in „Bleau“ noch nie erlebt. Wenn also ein älterer Herr mit Kletterschuhen auftritt, deine Bouldermatte zur Seite schiebt und seine Fußmatte platziert, heißt es aufpassen: Er wird eindrucksvoll demonstrieren, wie man den Boulder schaffen kann. Sieht ganz einfach aus! Begiebt man sich selbst wieder in den Boulder, um vielleicht ein Stückchen weiter zu kommen, ist man anschließend verdammt froh, wenn statt der puristischen Fußmatte ein ordentliches Crashpad am Boden liegt.

Ocun Paddy Dominator Crashpad: Highball-Matte

So mancher Boulder stellt sich hoch und schwer dar, das sind die sogenannten Highballs. Wer relativ hoch den Halt verliert, benötigt am Boden nicht nur einen guten Freund als Spotter, sondern auch ein dementsprechend gutes und vor allem dickes Crashpad um sich nicht zu verletzen. Das Ocun Dominator ist also bei gewissen Höhen beim Bouldern die optimale Wahl.

Ich entscheide mich bewusst für ein Crahspad von Ocun. Mein erstes Ocun-Pad habe ich nämlich 15 Jahre später immer noch! Das Ocun Paddy Dominator Crashpad wird sein Nachfolger, denn erstens mag ich hohe Boulder und zweitens habe gewisse Ansprüche an ein Crashpad, sein Material und seine Verarbeitung. Kurz und knapp: Das Crashpad muss in mein Auto passsen, sich gut an seinen Einsatzplatz, den Block tragen lassen – egal ob Wald oder verblocktes Gelände – und es muss einiges aushalten. Ab und an soll es auch als Schlafplatz herhalten können.

Erfahrungsbericht von Chris Münch: Tragesystem /-komfort

Das Tragesystem ist beim Dominator sehr einfach gehalten. Es besteht lediglich aus einem oben befestigten, mit Klettverschluss fixierten Schultergurt. Dieser ist mobil, so dass die Matte auch als Umhängetasche getragen werden kann. Einen Hüftgurt hat die Matte nicht. Dieser Punkt hat mich zunächst leicht irritiert, schließlich ist die Dominator so viel dicker als die Moonwalkmatte von Ocun, die ich nun schon so lange verwende. Vergleicht man allerdings das Gewicht beider Crashpads, dann stellt man fest dass die Dominator mit ihren 6,4 Kilogramm auch sehr leicht ist. Mir persönlich fehlt der Hüftgurt auch hier nicht.

Als letztes Schmankerl in Sachen Tragesystem haben die Träger kleine Löcher und sind somit luftdurchlässig. Das finde ich insbesondere bei längeren, schweißtreibenden Zustiegen sehr angenehm.

Ocun Paddy Dominator im Test

Ocun Dominator im Test | Foto: Martin Hanke
Das Ocun Paddy Dominator in der Längsversion, die ohne Probleme einfach und schnell zusammen gezippt ist. | Foto: Martin Hanke

Den Schlafplatz-Test mache ich gleich als erstes. Es liegt sich hart aber warm, die Kälte kann nicht durch das dicke Pad vom Boden nach oben dringen. Außerdem ist das Pad nicht zu kurz, denn dank des Reißverschlusses kann die Matte nicht nur im Standardmaß sondern auch längs angeordnet werden und wird so zu einer zwei Meter langen Liegefläche.

Der Reißverschluss ist sehr robust und sogar nach Einsatz im Sand noch absolut zuverlässig funktionsfähig, da die feinen Körner in der groben Zahnung nicht hängenbleiben. Der Reißverschluss ersetzt außerdem den sogenannten Flap, der das Pad schließt und oft auch als Verstauraum der Trageriemen dient. Das Flap ist meiner Meinung nach ohnehin ein überholter Teil der meisten Crashpads: Erstens verschmutzen der Flap und seine Klettverschlüsse leicht, zweitens hängt er immer im Weg herum und muss dann wieder umständlich eingehängt, geschlossen oder sonstwie platziert werden.

Das Ocun Paddy Dominator schließe ich einfach mit zwei stabilen und robusten Schnallen, die sich gut fest- und lockerziehen lassen und schnalle mir das Teil auf den Rücken. Das Tragesystem ist gepolstert, einfach, stabil und gut durchdacht. Selbst vollgestopft mit Ausrüstung und behangen mit einem anderen Pad lässt es sich noch relativ gut tragen. Tipp: Ein Drei-Meter-Spanngurt ist zum Fixieren eines zweiten Crashpads praktisch.

Erfahrungsbericht von Chris Münch:

Wie auch schon mit der Moonwalk ist es möglich, die Klettertasche in das Crashpad zu klemmen.

Wenn ich nur mit einer Matte unterwegs bin, bevorzuge ich es allerdings meinen Rucksack normal auf dem Rücken zu tragen, und die Träger des Dominator Pads so lang einzustellen, dass ich die Matte einfach über dem Rucksack tragen kann.

Für den Transport von zwei Matten hat die neue Version der Dominator Matte außerdem zwei zusätzliche Schlaufen, mit deren Hilfe ein weiteres Crashpad befestigt werden kann.
Mit so einem Würfel auf dem Rücken wird der Rucksack innerhalb der Dominator dann aber doch etwas viel. Ich befestigte ihn dann einfach oben auf dem Würfel, oder trage ihn bei kurzem Zustieg als Tragetasche vorne.

Dämpfung beim Ocun Paddy Dominator

Mann springt auf Ocun Dominator Crashpad
Der Polyurethanschaum im Innern des Pads gibt unter Krafteinwirkung Luft frei. | Foto: Chris Münch

Kommen wir zum wirklich wichtigen: Ist der Schaumstoff etwas Besonderes oder taucht man beim Sturz zu weich oder zu hart in das Pad. Die Macher des Ocun Paddy Dominator schwören jedenfalls auf ihr Ocun FTS Absorption System®, welches nicht irgendein Polster ist, sondern aus 20 Millimeter PE-Schaum, 110 Millimeter FTS Absorption Block® und zehn Millimeter-PUR-Schaum besteht. Der Hersteller verspricht damit beste Dämpfungseigenschaften.

Die Konstruktion der Dämpfung ist etwas komplett Neues und sehr gut abgestimmt. Der Aufbau des Schaumpolsters basiert nicht auf dem herkömmlichen Prinzip der horizontalen Schichtung der Schaumstoffe, sondern andersherum auf der vertikalen Anordnung. Dieses System hat die gleichen Dämpfungseigenschaften über die gesamte Fläche des Pads, einschließlich der Seiten. Unter der Deckplatte aus Polyethylen-Schaum gibt ein Polyurethanschaum mit offenen Zellen unter Krafteinwirkung Luft frei. Zusätzlich sind im Inneren des Polyurethan-Block „Rohrstützen“ aus Polyethylen-Schaum mit geschlossenen Zellen systematisch platziert, um die Druckfestigkeit des Systems größer werden zu lassen und gleichzeitig den Druck auch gleichmäßig zu verteilen.

Obermaterial des Ocun Paddy Dominator: Robustes Cordura

Crashpad von Ocun
Die Cordura-Außenhülle des Pads ist sehr stabil, reißfest und von langer Lebensdauer. | Foto: Chris Münch

Das Obermaterial des Ocun Paddy Dominator ist laut Hersteller aus Cordura® Ballistic und Cordura 650d mit Teflon®Cordura. Cordura was? Cordura ist insgesamt ein höchst reiß- und abriebfestes Textil aus Polyamid. Neben Crashpads wird das Gewebe zum Beispiel auch bei Motorradbekleidung oder Reisegepäck eingesetzt, denn es schützt optimal gegen Abnutzung und Abreibung. Teflon Cordura ist wasserabweisend und unempfindlich gegenüber Schmutz, was die Langlebigkeit des Crashpads und seiner Komponenten unterstützt.

Die Cordura-Außenhülle des Pads ist tatsächlich extrem stabil, reißfest und von langer Lebensdauer. Das kann ich nur bestätigen, denn der scharfe Granit, das viele Abputzen der Schuhe vor Versuchen und auch so manche Rutschpartie mit dem Pad bei Firn- oder Frühjahrsschnee ins Tal hat das Crashpad ohne Weiteres ausgehalten. Ok, die meisten Rutschvergnügen gingen auf das Konto des Plastel-Gewebes, welches mit seiner glatten Oberseite einer LKW-Plane sehr ähnelt und unzerstörbar scheint.

Im Winter ist die Plastel-Plane an der Oberseite sicher ein Vorteil, um nach der Boulderei in berauschender Fahrt verschneite Forstwege runterzudonnern, aber leider auch ein Nachteil wenn das Pad unter dem Boulder auf dem Schnee noch herumruscht. Zum Glück ist das ein saisonales Phänomen, das sich insgesamt in Grenzen hält. Dafür wird das Ocun Pad auch bei nassem Untergrund nie komplett durchgeweicht und kann so im Anschluss noch als gut isolierende Schlafunterlage dienen.

Chris Münch: Haltbarkeit

Mann beim Bouldern
Auch Chris Münch ist vom Ocun Dominator Crashpad und seiner Haltbarkeit überzeugt. | Foto: Chris Münch

Wie schon von Martin beobachtet, halten Dämpfung und Obermaterial der Dominator Matte bei gewöhnlichem Gebrauch ewig. Zum Rest kann ich noch nicht mehr sagen, als dass die Trägernähte meiner Moonwalk nach allen Strapazen über die Jahre eingerissen sind.

Da die Dominator noch etwas mehr Eigengewicht mitbringt, könnte ich mir vorstellen, dass das auch hier passieren kann. Trotz allem bedeutet das noch lange nicht das Ende der Matte, denn die Träger können wieder angenäht werden. Bei meinem Moonwalk Pad hat das zumindest bestens funktioniert.

Details und Fazit von Martin Hanke

Bevor ich zu meinem abschließendem Fazit komme, hier noch die wichtigen Details zum Ocun Paddy Dominator:

  • Konstruktion: Aufklappbares Pad, mithilfe Reißverschluss sind zwei Varianten möglich
  • Dimension / Variante: 1,0 × 1,32 Meter oder 2,0 × 0,66 Meter
  • Dicke: 14,5 cm
  • Innenleben: 20 Millimeter PE-Schaum, 110 Millimeter FTS Absorption Block, 10 Millimeter PUR-Schaum
  • Außenmaterial: Plastel, Cordura Ballistic und Cordura 650d mit Teflon Cordura
  • Schnallen und Tragesystem: Aluminium Schnallen zum Einhängen, stabiler Reißverschluss, Teppich 50 × 30 Centimeter, Schultertragegurt, 2 Tragegriffe, Fixierungsschlaufen an der Seite
  • Gewicht: 6,4 Kilogramm

Es ist dick, es ist groß, es ist stabil und es lässt sich gut tragen. Ich würde das Ocun Paddy Dominator jedem empfehlen, der regelmässig bouldert und ein robustes Crashpad für den Dauereinsatz benötigt. Der absolute Vorteil dieses Pads ist aber nicht seine Form oder seine hohe Qualität, sondern schlicht und einfach sein Innenleben: Der Schaum ist genau auf das Bouldern bzw. das Fallen aus mehreren Metern Höhe abgestimmt ohne zu weich oder zu hart zu sein. Trotzdem bitte keine Köpfer vom Highball machen!

Fazit von Chris Münch

Bisher entspricht die Dominator Matte von Ocun voll und Ganz meinen Erwartungen. Die Dämpfung lässt mich auch vor hohen Bouldern nicht zurückschrecken. Sowohl längs, als auch quer ausgeklappt zu verwenden ist das Crashpad sehr vielseitig einsetzbar. Selbst zusammen mit dem Klettergepäck und sogar mit einer zusätzlichen Matte lässt sich das Gesamtpaket gut zum Fels tragen. Mit ein wenig Vorsicht, rutscht die Matte trotz ihrer Plastelunterseite nicht weg, und ist zeitgleich wahnsinnig robust und äußerst schmutzresistent. Ich freue mich schon auf ein paar gute und boulderreiche Jahre mit weicher Landung.

Das Ocun Paddy Dominator Crashpad ist bei Bergzeit leider ausverkauft. Passende Alternativen gibt’s hier:

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