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Ein Stück Europa

Wandern im Odenwald: Tagestour auf dem Fernwanderweg E1

4 Minuten Lesezeit
Der Fernwanderweg E1 verläuft in Deutschland von Flensburg bis Konstanz. Im Odenwald lässt sich ein Stück europäische Fernwanderluft ganz bequem bei einer Tagestour schnuppern. Franz Schmidt stellt einen Tourentipp vor den Toren Darmstadts vor.

Der Blick schwankt zwischen Erstaunen und Heiterkeit. So recht glauben will mir das Ehepaar nicht, was ich ihnen da gerade erzähle: Dass es einen Fernwanderweg von Schweden bis nach Italien gibt, dass er gerade hier in Ober-Ramstadt im Odenwald vorbeigeht, dass sie just in diesem Moment auf diesem legendären „E 1“ unterwegs sind. Erst der Blick auf das Schild am Bahnhof des Odenwald-Städtchens belehrt sie eines Besseren und führt zu einem freudig-erregten Kopfschütteln: „Das hätten wir jetzt wirklich nicht gedacht“. Es ist nicht das erste mal, dass ich diese Reaktion ernte. Es passiert fast immer, wenn ich die „E 1-Geschichte“ auspacke – bei Freunden oder unterwegs, immer schwelgend vom großen Glück zu Fuß.

1.900 Kilometer quer durch Deutschland wandern

Das weiße Andreaskreuz markiert den Fernwanderweg E1 - auch im Odenwald.

Franz Schmidt

In Deutschland schlängelt sich der magische E1 von Flensburg bis an die Schweizer Grenze auf einer Länge von 1.900 Kilometern. Für das Bergzeit-Magazin bin ich das Teilstück zwischen Darmstadt und Reichenbach/Odenwald gelaufen. Die gut 30 Kilometer haben viel zu bieten – vorausgesetzt das Schuhwerk stimmt.

Doch der Reihe nach: Der Tagestrip startet am Oberwaldhaus in Darmstadt. Es ist vom Hauptbahnhof in Darmstadt bequem mit der Linie F zu erreichen. Der Bus fährt am Wochenende jede halbe Stunde auf der Rückseite des Hauptbahnhofs (also nicht auf der Seite des Haupteingangs!) ab und erreicht nach etwa 20 Minuten das Ausflugslokal.

Am Oberwaldhaus trifft sich Sommer wie Winter der gemütliche Darmstädter zum gemächlichen Spaziergang, etwa hinüber zum sehenswerten Alternativprojekt Hofgut Oberfeld. Vom Oberwaldhaus geht der E1 in die andere Richtung nach Frankfurt. Rund 33 Kilometer sind es über das sehenswerte Schloss Kranichstein, das nach etwa 20 Minuten folgt, über Langen bis an den Eisensteg in der Mainmetropole.

Unterwegs am E1: Wandern im Odenwald

Vom Oberwaldhaus zieht es mich zunächst in das bereits erwähnte Ober-Ramstadt. Etwa zwei Gehstunden dauert dies bei gutem Schritt (5 Kilometer in der Stunde) – vorwiegend flach durch den Wald und an Äckern vorbei. Viele Sonntagsspaziergänger begegnen mir an diesem Frühlingstag. Nach einer guten halben Stunde ist das Vivarium erreicht, ein kleiner lokaler Zoo, der vor allem bei Kindern sehr beliebt ist. Hier startet auch der Weitwanderweg Odenwald – Vogesen, gekennzeichnet mit einem roten Balken. Hinter dem Vivarium geht es durch den Wald deutlich menschenleerer weiter, zunehmend verlieren sich die Spaziergänger. Nur vereinzelt tauchen noch Mountainbiker, aber verhältnismäßig viele Läufer auf. Das hat einen einfachen Grund: Darmstadt hat als Marathonmetropole ein äußerst gepflegtes und vielfach mit eher feinem Kies belegtes Streckennetz in den Wäldern.

Ober-Ramstadt: Geheimtipp als Einstiegsort für Odenwaldtouren

Hinter Ober-Ramstadt bläst meist ein ordentliches Lüftchen und hält Radler, Wanderer und Windräder in Schach.

Franz Schmidt

Nach knapp zwei Gehstunden ist Ober-Ramstadt erreicht. Der Ort selbst ist eine allenfalls mäßig interessante Kleinstadt, wie es sie zu hunderten in Deutschland gibt. Für Wanderer bietet sie aber einen großen Vorteil: Ober-Ramstadt ist von Darmstadt und auch direkt vom Frankfurter Hauptbahnhof ausgezeichnet mit der Bahn zu erreichen. Nach Darmstadt dauert es mit der Privatbahn VIAS etwa 20 Minuten, nach Franfurt HBF sind es – ebenfalls mit der VIAS in modernen Waggons und ohne Umsteigen – etwa 40 Minuten. Für Ober-Ramstadt spricht aber noch etwas: Hier schneiden sich drei Weitwanderwege des Odenwaldklubs:

  • Das weiße Andreaskreuz (also der E 1, von Frankfurt bis nach Pforzheim sind es laut Odenwaldklub 199,4 Kilometer)
  • Der rote Balken (Fernwanderweg Darmstadt – Lauterbourg/Vogesen, 182,3 km)
  • Der blaue Balken (Ober-Ramstadt – Wiesenbach, 83,9 km)

Wie alle anderen Strecken im Odenwald sind sie sehr gut ausgezeichnet. Spätestens alle 300 bis 500 Meter findet sich eine gut sichtbare Wegemarkierung – für das Verlaufen muss man sich hier also schon etwas anstrengen. Trotzdem sind GPS-Geräte und digitale Karten, etwa von Garmin natürlich immer äußerst hilfreich. Für alle Anreisenden mit dem ÖPNV ist Ober-Ramstadt also ein äußerst empfehlenswerter Start- und/oder Zielpunkt. Wer direkt in die Ruhe des Odenwalds aussteigen will, sollte eher hier als in Darmstadt den Einstiegspunkt wählen.

Raue Odenwälder Luft

Felsenmeer Odenwald

Florian Wolf

Hinter dem beschaulichen Städtchen geht es zunächst etwa eine Stunde durch den Wald bis ein mehrere Kilometer langes Stück auf freier Flur folgt. Auf einem Bergrücken zieht es sich ohne nennenswerte Höhenunterschiede und mit teils heftigem Odenwälder Wind bis zur Kuralpe. Die Windräder sind hier rund ums Jahr gut beschäftigt.

Die Strecke ist – nicht erschrecken – über weite Teile geteert. Sie wird im Sommer von vielen Radlern genutzt und ist auch für den Autoverkehr freigegeben. Tatsächlich begegnen Wanderern aber allenfalls drei bis vier Wagen auf diesem Teilstück – und die Autofahrer nehmen Rücksicht. Gerade im Winter ist hier die Luft verdammt rau und es zieht ein mehr als kräftiger Wind. Eine Bekannte, die jüngst im Riesengebirge war, meinte erstaunt: „Es pfeift hier ähnlich heftig wie dort.“ Nach gut zwei Stunden ist die Kuralpe erreicht, eines der bekanntesten Ausflug-Lokale im Odenwald überhaupt. Einen Tisch zu bestellen, ist für Wandergruppen empfehlenswert, aber nicht nötig. Direkt neben dran rodeln im Winter hunderte Kinder den Berghang hinab.

Felsenmeer: Steine erzählen Erdgeschichte

Das Schlussstück des äußerst empfehlenswerten Weges führt über ein kurzes, auf den letzten Metern kräftig ansteigendes Stück hinauf zum oberen Ende des Felsenmeers. Gerade bei jungen Familien mit Kindern ist diese Ansammlung riesengroßer Steine ungeheuer beliebt.

Wer Einsamkeit sucht, ist hier an einem warmen Sommertag völlig fehl am Platz. Allein der Abstieg durch das Felsenmeer dauert locker eine halbe Stunde. Gerade im Winter ist große Vorsicht geboten, da bei Schnee und Eis hier so gut wie niemand unterwegs, die Sturz- und Verletzungsgefahr aber auch für Geübte keinesfalls zu belächeln ist. Gerade allein wandernde Personen sollten diesen Hinweis unbedingt bedenken und ein Mobiltelefon mit sich führen!

Hinab nach Reichenbach ist es noch eine knapp halbe Stunde. Auch Sonntags verkehrt hier stündlich die Buslinie 665 von Lindenfels kommend nach Bensheim. In knapp 20 Minuten ist der Bahnhof in Bensheim erreicht. Er liegt an der Strecken Mannheim/Heidelberg – Frankfurt und bietet so angenehme Möglichkeiten für eine Rückreise auch am späteren Sonntag Abend.

Informationen zum Tourentipp

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Tagestour auf dem E1: Wichtige Informationen im Überblick
⌚ Dauer und Art der Tour
  • Länge: 30 km | 550 Höhenmeter
  • Anspruch: Überwiegend breite Wanderwege, wenige kleinere Pfade und Kraxelei im Felsenmeer nach Belieben.

📸 Das kannst Du erleben

  • Highlights: Alle Formationen und Werkstücke im Felsenmeer,
  • Einkehr: Naturfreundehaus Ober-Ramstadt, Kiosk am Besucherzentrum Felsenmeer

🚌 So kommst Du hin

  • Anfahrt: Vom Bahnhof Darmstadt mit der Buslinie F zur Haltestelle Darmstadt Oberwaldhaus
  • Es gibt auch einen Parkplatz in dem Naherholungsgebiet, doch der ist oft überfüllt

💡 Weitere nützliche Tipps

  • reichlich Brotzeit einpacken, da die Verpflegungsmöglichkeiten abschnittsweise begrenzt sind

Odenwald Impressionen from js1904 on Vimeo.

Die geeignete Wanderausrüstung gibt’s bei Bergzeit:

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