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Ein Kletterer, der das Klettern liebt.

Im Gespräch mit Profikletterer Adam Ondra

6 Minuten Lesezeit
Er gilt als einer der besten Kletterer der Welt: Adam Ondra. Auf der ISPO 2020 hat Bergzeit Autor Stefan den tschechischen Profikletterer getroffen und ihn zu Olympia, seiner Leidenschaft fürs Klettern und speziellen Trainingsmethoden für Anfänger und Fortgeschrittene befragt.

Schon sein halbes Leben steht der heute 28-jährige Tscheche im Rampenlicht: Mit 13 Jahren machte Adam als „Kletter-Wunderkind“ erstmals weltweit von sich hören. Ondra kletterte einige der schwersten Routen der Welt. Er hob das Niveau des Sportkletterns an und erschloss die neuen Grade 9b (Route: Marina Superstar), 9b+ (The Change) und – möglicherweise – 9c (Silence). Silence konnte bislang von keinem anderen Kletterer wiederholt werden, so dass der Grad noch nicht bestätigt wurde. Altmeister und Kletter-Ikone Alexander Huber sagte unlängst über Adam Ondra, er sei der beste und vielseitigste Kletterer, den es derzeit auf der Welt gäbe.

Adam über Adam & das Klettern im Allgemeinen

Vom Kletter-Wunderkind zum Weltklasse-Profikletterer: Im Interview spricht Adam mit Stefan über die Zukunft des Kletterns und seine eigene Karriere.

Petr Chodura

Vom Kletter-Wunderkind zum Weltklasse-Profikletterer: Im Interview spricht Adam mit Stefan über die Zukunft des Kletterns und seine eigene Karriere.


Hallo Adam, schön Dich kennenzulernen. Könntest Du Dich kurz in zwei Sätzen vorstellen?

Hi. Ich bin ein Kletterer, der das Klettern liebt – sehr sogar!

In den letzten 20 Jahren hat es im Sportklettern große Fortschritte gegeben. In Deiner Kletterkarriere haben sich die Grenzen verschoben, von 9a+ zu 9c. Was denkst Du, wie das Klettern in etwa 20 Jahren aussehen könnte?

Ich denke, dass sich nicht so viel verändern wird. Die Disziplinen werden die gleichen bleiben und das ist das Wichtige. Ich denke, vor ein paar Jahren hatten Leute vielleicht Angst, dass der „Abenteuer-Aspekt“ beim Klettern an Bedeutung verliert, aber wir haben Disziplinen wie Bouldern oder Sportklettern und wenn du Lust auf Abenteuer hast, dann kannst Du Dir einen abgelegenen Ort suchen und viele Abenteuer erleben. Sogar hier in den Alpen. Diese Vielfalt und der Umstand, dass jeder das finden kann, was er sucht und braucht, ist das, was zählt. In dieser Hinsicht bleibt das Klettern wie immer.

Bei der Entwicklung des Sportkletterns spielte in meinen Augen das Bouldern eine wichtige Rolle. In den 20er Jahren zum Beispiel wurden die meisten schwierigeren Routen gechippt und die Leute dachten, dass es die zukünftige Entwicklung im Sportklettern sei, immer längere und ausdauernde Routen zu klettern. Aber das stellte sich als falsch heraus. Klar kann man immer eine harte Route klettern, bei der es nur um Ausdauer geht, aber das Bouldern machte es den Leuten möglich, die härteren Routen zu bouldern, ohne sie chippen zu müssen. Denn es ist wirklich schwierig, eine homogene Route am Fels zu finden. Deswegen half die Leistungssteigerung beim Bouldern den Leuten, das Level im Sportklettern zu steigern.

Wenn Du Dir zum Beispiel die ganzen 9b, 9b+ und 9c Routen ansiehst: Klar, brauchst Du dafür ein spezielles Level an Kraft und Kraftausdauer, aber es geht eher darum, harte Schlüsselstellen bzw. harte Boulderprobleme miteinander zu verbinden. Tatsächlich findest Du in den härtesten Sportkletter-Routen auch oft die härtesten Boulderprobleme – nur eben gesichert an einem Seil und weiter oben in der Wand.

Olympia 2021: Klettern wird olympisch

Meinst du, dass sich durch die Olympischen Spiele der Schwierigkeitsgrad noch weiterentwickeln wird?

Ich denke, dass die Olympischen Spiele wenig Einfluss auf das Outdoor-Klettern haben werden. Vielleicht täusche ich mich aber auch und Klettern wird durch Olympia so attraktiv, dass viele Menschen schon in jungen Jahren mit dem Klettern anfangen. Dann haben wir vielleicht in ein paar Jahren super starke „Boulder-Kids“, die versuchen, sich am Fels zu verwirklichen. Wir werden sehen.

Ich kann mir vorstellen, dass dann mehr Leute in den Hallen klettern, aber nicht unbedingt am Fels. Einige Kletterer haben Angst, dass ihre Spots durch einen Olympia-Hype überlaufen werden könnten. Ich mach mir da eigentlich keine Sorgen.

Adam 2019 beim Weltcup in Chamonix, wo er Gold im Lead holte.

Lukas Biba

Adam 2019 beim Weltcup in Chamonix, wo er Gold im Lead holte.


In Deinen Videos, die ich persönlich sehr gerne anschaue, beschreibst Du, wie Dich die Olympischen Spiele verändert haben. Wie, denkst Du, wird Olympia das Klettern verändern?

Es wird das Klettern in der Halle verändern. Das tut es jetzt schon. Die Hallen werden größer und schöner werden, vielleicht auch mehr besucht, aber es werden auch mehr Hallen gebaut. Es wird den Sport, also das „Wettkampfklettern“ ändern. Persönlich hoffe ich, dass es für mehr Medienpräsenz sorgt, das fände ich gut. Aber ich hoffe und denke, dass sich am Klettern selbst im Allgemeinen nicht so viel ändert.

Es wird viel über das Format bei Olympia gesprochen, wie Speed. Wenn Speed-Klettern keine Disziplin mehr bei Olympia wäre, würdest Du es immer noch tun, weil es Dich voranbringt?

Klar wäre ich glücklicher, wenn es eine Kombination von Bouldern und Vorstiegsklettern gäbe. Eine Kombination aus diesen beiden Disziplinen würde Sinn ergeben, auch aus historischer Sicht. Aber eine Kombination aus allen drei Disziplinen macht meines Erachtens – wenn Du auf die Evolution des Klettern zurückschaust – keinen Sinn.

Der Hauptgrund, warum ich jedoch nicht mit dem Format einverstanden bin, ist, dass es nicht attraktiv genug ist. Hobby-Kletterer, die total auf diesen Sport stehen, schauen sich einen dreieinhalb-stündigen Wettkampf im Fernsehen vielleicht an, aber für die Mehrheit der Zuschauer sind dreieinhalb Stunden einfach viel zu lang.

Aber ist Speed-Klettern für Dich lehrreich und bringt es Dir etwas zum Beispiel in Bezug auf Deine Technik?

In Sachen Technik denke ich, ist Speed-Klettern das genaue Gegenteil vom Klettern im Vorstieg. Denn alles was im Lead gut funktioniert, musst Du beim Speed-Klettern eigentlich vergessen. Im Vorstieg musst Du Dich effizient bewegen, aber beim Speed geht es nicht um Effizienz, da musst Du nur so schnell wie möglich sein. Aber beim Training für Speed muss ich zugeben, gibt es ein paar Sachen, die Dich stärker im Bouldern machen. Manchmal, sogar am Felsen, gibt es Situationen, in denen Du zwar vernünftige Griffe hast, aber es ist wirklich steil und es gibt keine guten Tritte. Da brauchst Du dann eine unbändige Explosivkraft – dafür ist Speed-Training gut.

Der Business-Aspekt: Ausrüstung und Sponsoren

Giampaolo Calza

8c onsight: Adam klettert „Padaro“ in Arco.


Nicht nur das Niveau hat sich verändert, sondern auch das Material. Wenn man 20 Jahre zurückschaut: da haben Kletterschuhe noch ganz anders ausgesehen – auch sowas wie ein Kneepad, war damals noch nicht sehr geläufig… Was denkst Du, welches neue Equipment könnte es in Zukunft geben, mit dem das Limit noch weiter angehoben wird?

Klar könnten wie in Zukunft bessere oder leichtere Klettergurte oder Karabiner haben, aber ich denke nicht, dass es einen großen Durchbruch geben wird. Ich denke, es gibt mehr Spielraum beim Thema „smarter trainieren“, denn das Klettern ist aus diesem Blickwinkel ein ziemlich junger Sport. Denn es geht nicht nur darum WIE und WO du trainierst, sondern es ist wichtig schon die ganz jungen Kids\/Kletterer auf die Komplexität des Kletterns vorzubereiten. Denn die meisten denken beim Training gehe es um die physischen Fähigkeiten, aber die Technik zu trainieren, ist genauso oder sogar meist wichtiger. Es gibt natürlich einige, die genug Talent und ein Gefühl für die Bewegungen beim Klettern haben – das ist dann ein Glücksfall. Es gibt aber auch Kids, die weniger talentiert sind, die nutzen dann ihre Beine und den Körper zu wenig – und das ist dann natürlich ein großer Nachteil. Am Ende setzt sich die Kletterperformance aus so vielen kleinen Fähigkeiten zusammen. Die Physis ist nur ein Bestandteil von vielen – natürlich ist sie wichtig, aber es ist besser, in allen Bereichen gut zu sein.

Für Dich als Kletterer, was bedeuten die großen Marken, die Sponsoren für Dich? Und wie denkst Du, hat diese Branche das Klettern verändert? 

Ja die Firmen wachsen immer mehr, genauso wie der Sport an sich. Aber ich bin froh, dass sich die Marken, mit denen ich arbeite, die jetzt auch ziemlich groß sind, im Wesentlichen nicht verändern. Dort entwickeln Kletterer Produkte für Kletterer. Das ist für mich ziemlich wichtig!

Celebrity – ja oder nein?

Noch eine Frage zu Dir. Du bist in den vergangenen Jahren sehr bekannt geworden. Bist du manchmal überrascht über Deine große Berühmtheit?

Überrascht? Ja, natürlich gibt es ein paar lustige Geschichten. Manchmal treffe ich auf der Straße Leute, die noch nie geklettert sind und die mich trotzdem erkennen. Klar, das kann schon mal ein bisschen seltsam sein. Aber ich klettere ja nicht, um berühmt zu sein, sondern weil ich das Klettern liebe. Die Bekanntheit resultiert aus dem was ich mache und es ist ein kleiner Preis, den man zahlen muss, wenn man seinen Traum leben möchte.

Und natürlich, wenn ich in einer Halle in einer anderen Stadt bin, in der ich mich normalerweise nicht aufhalte, ist es eine große Sache, wenn ich da bin. Da kann man schon mal leicht von seinem Training abgelenkt werden.

Zum kompletten Interview mit Adam Ondra auf YouTube geht es hier entlang.

Interview mit Adam Ondra auf YouTube

Vielen Dank für das Gespräch, Adam! 

Adams Klettertipps für Anfänger & Fortgeschrittene

Was sollten Kletteranfänger beachten? Wie und wo kann man seine Skills am effektivsten verbessern? Und ab wann lohnt sich spezielles Klettertraining? Adam gibt Tipps für Einsteiger und Fortgeschrittene. Das gesamte Interview mit Adam findest Du weiter oben.

Weitere Beiträge rund ums Klettern im Bergzeit Magazin:

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