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Die Ortovox Westalpen 3L Light Jacke im Test

9 Minuten Lesezeit
Lightweight Performance – das sind die Schlagwörter für die neue Westalpen Kollektion, die Ortovox diesen Sommer auf den Markt gebracht hat. Entwickelt wurde die Linie für anspruchsvolle Alpinisten, die eine perfekte Symbiose aus Leichtigkeit, Schutz und Funktionalität für das Hochgebirge suchen. Viola Goldhofer hat für uns die Westalpen 3L Light Jacke getestet.

Als Ortovox-Mitarbeiterin und Bergführer-Aspirantin hatte ich die Möglichkeit, die neue Westalpen Kollektion von Ortovox schon ausgiebig vor Markt-Release zu testen. Das Westalpen-System besteht aus drei Bekleidungsschichten:

  • Westalpen 3L Light Jacke und Hose
  • Westalpen Softshell Jacke und Hose
  • Westalpen Swisswool Hybrid Jacke

In diesem Bericht nehme ich die Westalpen 3L Light Jacke für euch in den Fokus, die mich seit April 2019 auf vielen verschiedenen alpinen Einsätzen begleitet hat und inzwischen zu einem meiner Lieblingsteile geworden ist. Wieso könnt ihr im Folgenden lesen.

Und um gleich mit möglicher Skepsis aufzuräumen, da sich jetzt vermutlich viele denken: „Na toll, Ortovox-Mitarbeiterin, das kann ja nicht neutral sein!“ Genau deswegen bin ich ziemlich penibel in der Beurteilung, denn ich kenne die Stärken und Schwächen der Produkte gut und weiß worauf zu achten ist.

Die Features der Westalpen 3L Jacke

Gewicht und Packmaß

Mit 258 Gramm (Damen Größe M) ist die Westalpen 3L Light Jacke ein richtiges Leichtgewicht! Trotzdem ist sie eine vollwertige komplett wasserdichte 3-Lagen Jacke mit Dermizax NX Membran, der auch ein schwerer Rucksack so wie man ihn auf hochalpinen Unternehmungen mit dabei hat nichts anhaben kann. Entsprechend klein ist auch das Packmaß: zusammengerollt und in der eigenen Kapuze verstaut, nimmt sie nicht wesentlich mehr als zwei Handvoll Platz in Anspruch. Perfekt für den meist schon überfüllten Hochtourenrucksack.

Taschen und Ventilation

Die Jacke ist relativ schlicht ausgestattet und kommt ohne großen Schnickschnack aus. Sie besitzt vorne zwei Einschubtaschen mit Reißverschluss, die für die Verwendung mit Klettergurt und Rucksack etwas höher gesetzt sind, aber trotzdem ausreichend Platz bieten um diverse Utensilien zu verstauen. Da die Jacke ohne Unterarmreißverschlüsse auskommt, sind die Innenbeutel der Fronttaschen mit Mesheinsätzen ausgestattet und können so zur zusätzlichen Ventilation eingesetzt werden.

Passform und Tragekomfort

Ich bin 1,70 Meter groß und wiege um die 60 Kilogramm – Größe M passt perfekt. Die Rumpflänge ist genügend lang, dass die Jacke auch bei angezogenem Klettergurt noch ausreichend über den Hintern reicht und auch der Saum nicht Gefahr läuft über den Gurt hochzurutschen. Dieser lässt sich übrigens durch einen einfachen Kordelzug rechts und links unkompliziert regulieren. Auch die Arme sind ausreichend lang, die Armbündchen sind mit Klett einfach verstellbar. 

Der Schnitt der Jacke ist ein guter Kompromiss aus einigermaßen figurbetont und genügend weit geschnitten um eine leichte Isolation (z.B. Swisswool Zebru Jacket) darunter zu ziehen. Dank des 2-Wege-Stretch hat man das Gefühl, dass man sich trotz der vielen Lagen noch gut und vielseitig bewegen kann.

Was ich auch besonders an der Jacke mag, ist die Haptik. Der Stoff fühlt sich sehr weich an, fast schon wie eine Softshell. Außerdem „raschelt“ sie im Vergleich zu manch anderen Hardshells kaum, was ich sehr angenehm finde!

Die Kapuze

Die Jacke kommt mit einer helmkompatiblen Kapuze, die vorne ein kleines Schild mit „Regenrinne“ hat. So kann man sicher sein, dass einem selbst bei Niederschlag nichts ins Gesicht tropft. Mit einer 2-fach-Regulierung kann die Kapuze leicht und schnell so eingestellt werden, dass sie fest und umschließend am Kopf sitzt. Was allerdings im ersten Moment etwas umständlicher ist, ist die Einstellung wieder zu lösen. Aber genau gewusst wie, geht das dann auch ganz gut.

So, jetzt genug der Trockenübungen… schauen wir mal, wie sich die Westalpen 3L Light Jacke dort bewährt, wofür sie gemacht ist, nämlich am Berg…

Die Jacke im Praxistest

Erster Einsatz – auf dem Dach der Alpen

Wie dem Namen der Kollektion gebührt, musste die erste Tour damit natürlich in die Westalpen gehen. Und wenn schon, denn schon, geht’s gleich mal mit Ski auf den Mont Blanc. Wir starten sehr früh von der Grands Mulets Hütte. Zum Schutz vor Wind und Kälte die Jacke an, unten drunter eine dünne Swisswool Jacke – perfektes Klima und kein einengendes Gefühl während des Aufstiegs. Mit den ersten Sonnenstrahlen wird es wärmer und die Jacke wandert in den Rucksack, wo sie aufgrund des geringen Packmaßes nur wenig Platz wegnimmt. Am Bossesgrat weht dann das gewohnte Mont Blanc Lüftchen. Hier ziehe ich die Jacke wieder an und schon ist es mir wieder angenehm warm. Die Höhe macht sich inzwischen gut bemerkbar, die Ski sind am Rucksack, die Anstrengung steigt und der Schweiß treibt. Trotzdem entsteht kein Hitzestau, die Jacke atmet gut und ich habe nicht das Gefühl, dass ich gleich im eigenen Saft stehen werde. Wenn’s noch heißer wird, gibt’s ja immer noch die Option, die Fronttaschen zu öffnen und für zusätzliche Ventilation zu sorgen. Für mich ist’s aber ohne völlig angenehm.

Testerin mit Westalpen 3L Light Jacke von Ortovox auf Mont Blanc
Gut geschützt trotz kaltem Wind auf dem Mont Blanc. | Foto: Viola Goldhofer

Endlich am Gipfel, bleiben wir nicht lange, denn das Lüftchen ist hier oben gleich nochmal deutlich stärker. Hinunter geht’s bei Top-Bedingungen über die Mont Blanc Nordflanke bis zur Aiguille du Plan wo wir uns erst einmal ein Bierchen gönnen und nochmal die Sonne genießen.

Ortovox Westalpen 3L Light Jacke bei Skiabfahrt im Test
Auch bei der Abfahrt hat Viola volle Bewegungsfreiheit. | Foto: Viola Goldhofer

Extrem-Test am Großglockner

Weiter geht mein Test auf dem Dach Österreichs – dem Großglockner. Leider ist der Wetterbericht nicht vielversprechend, aber aufgrund des Zeitmangels haben wir keine Möglichkeit unseren Plan zu verschieben. Und außerdem, wie heißt es so schön: es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung… Also optimale Bedingungen für einen anständigen Härtetest!

Wir verbringen die Nacht auf der Stüdlhütte. Am frühen Morgen starten wir mit Ski Richtung Nordwestgrat. An der Zustiegsfirnrinne machen wir die Ski an den Rucksack. Zum aktuellen Zeitpunkt – im Spätwinter – ist hier kein Anzeichen von Firn. Im Gegenteil, die Rinne ist vollgepackt mit Neuschnee und wir wühlen uns stetig nach oben. Am Grat angekommen machen wir uns dann kletterbereit und ich merke, dass ein Klettverschluss am Ärmel von der Wühlerei aufgegangen und vereist ist. Jetzt ist es natürlich schwer, den Klett wieder vom Schnee zu befreien, das ist etwas nervig. Die Reißverschlüsse lassen sich dank verlängerter Zipper-Puller recht gut mit dicken Handschuhen bedienen. Auch die Kapuze ist flott eingestellt. Es schneit und windet…

Die Kletterei beginnt. Der Grat ist mit 40-50 Zentimeter Neuschnee bedeckt, den wir erst mal wegräumen müssen, Zwischensicherungen sind schwierig anzubringen und wir kommen nur zögerlich voran. Das Gute dabei: Die Westalpen-Kombi sitzt gut. Für die Kletterstellen habe ich inklusive Isolationsjacke genügend Bewegungsfreiheit, vor allem an den Armen und Schultern und ohne dass die Jacke über den Gurt hinauf wandert. Weder Schnee noch Nässe kommen durch. Die Kapuze sitzt gut über dem Helm und schränkt mein Sichtfeld nicht allzu sehr ein. 

Ortovox Westalpen 3L Light Jacke in Kletterpassage im Test
Gute Bewegungsfreiheit und Sitz beim Klettern in schwierigem Gelände, selbst mit Isolationsjacke drunter. Auch die Kapuze stört nicht und bietet ein genügend großes Sichtfeld. | Foto: Viola Goldhofer

Nach ein paar Stunden Kletterei machen wir einen Lagecheck. Wir sind deutlich hinter der geplanten Zeit und stehen vor der Entscheidung zwischen: Durchziehen und Abstieg im Dunkeln oder gleich umdrehen und noch rechtzeitig zum Abendessen daheim sein. Wir bevorzugen die zweite Option und Seilen vom Grat in eine Rinne, die wir dann mit Ski weiter abfahren und so wieder relativ flott zum Ausgangspunkt gelangen.

Die Jacke hat bei der Tour ein paar kleinere oberflächliche Blessuren davon getragen. Der Oberstoff ist an ein paar Stellen vom Felskontakt aufgeschrubbt. Löcher sind aber keine entstanden und die Membran ist auch nicht beschädigt. Meine Westalpen 3L Light Hose hat allerdings tatsächlich einen kleineren Riss im Bein erlitten. Aber bei derart scharfem Fels und dem dünnen Stoff, hätte mich alles andere auch mehr als verblüfft…

Hochtourensaison in den Westalpen

Im Sommer verbringe ich mehrere Wochen in den Westalpen im Zuge meiner Bergführerausbildung, zum Führen und auch für etwas Privatvergnügen. Mit dabei ist immer die Westalpen 3L Light Jacke. Wobei die aufgrund der meist guten Wetterlage oft im Rucksack bleibt. Und genau da hat die Jacke ihre Stärke und punktet vor allem bei mehrtägigen Touren mit ihrem Packmaß und Gewicht. Im Rucksack bleibt dann noch etwas Reserve für zusätzlichen Proviant.

Inzwischen war die Jacke schon auf einigen Westalpengipfeln und bei vielen weiteren Unternehmungen mit dabei und macht immer noch eine gute Figur. Die Reißverschlüsse laufen nach wie vor gut und sind intakt, ebenso die Nähte und Tapes. Ein paar kleinere oberflächliche Blessuren und Abnutzungserscheinungen gibt es natürlich, aber nichts Grobes. Das ist bei der Beanspruchung – viele Touren mit Seil, mit Ausrüstung am Gurt und moderatem Felskontakt – schon hervorzuheben.

Ortovox Westalpen 3L Light Jacke im Test
Selbst im Rucksack macht die Westalpen 3L Light Jacke eine gute Figur und punktet mit ihrem Packmaß. | Foto: Viola Goldhofer

Mein Testfazit zur Ortovox Westalpen Jacke

Die Westalpen 3L Light Jacke ist perfekt für diejenigen, die eine vollwertige wind- und wasserdichte Jacke für den alpinen Einsatz suchen, die gleichzeitig mit Leichtigkeit und Packmaß punktet! 

Durch die extrem wasserdampfdurchlässige Dermizax NX Membran ist sie enorm atmungsaktiv und eignet sie sich vor allem für schweißtreibende Aktivitäten. Kombiniert mit einem guten Baselayer umgeht man damit auch das ständige und lästige Ausziehen – Anziehen – Ausziehen – …

Trotz des dünnen Stoffs ist die Jacke verhältnismäßig robust und langlebig. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass es sich hier um eine wirklich leichte Jacke handelt. Robust und leicht gehen nicht ins Unermessliche Hand in Hand. Wer also eine Jacke für extreme Touren und/oder überwiegend Felskontakt sucht, sollte auch zu robusterem Obermaterial greifen.

Optimaler Einsatzbereich sind lange, v.a. auch mehrtägige alpine Touren bei denen man leicht und mit wenig Gepäck unterwegs sein will, wie (Ski-)Durchquerungen. Aber auch im Kletter- oder Skitourenrucksack macht sie sich als „Backup-Jacke“ für einen plötzlichen Schlechtwettereinbruch aus den gleichen Gründen gut. Durch die 3-Lagen-Konstruktion ist die Jacke voll rucksacktauglich, eignet sich damit auch für lange Wanderungen mit schwerem Rucksack. Insgesamt ist sie also sehr flexibel einsetzbar und passt in jeden Alpinisten-Kleiderschrank.

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