Der eine mag’s sportlich, der andere bürotauglich, für den einen muss sie leicht sein, für den anderen zählt der Style – eines haben alle Winterjacken aber gemein: Sie sollen wärmen, wenn’s draußen ungemütlich wird. Wir helfen bei der Entscheidung. Weiterlesen
Mutti ist sehr fürsorglich. "Fahr vorsichtig" ist einer ihrer Klassiker, ebenso "Vergiss nicht zu frühstücken". Kaum werden die Tage kürzer und die Blätter bunter kann man sich vor einem Satz jedoch nicht mehr retten: "Zieh dich warm an!" Keine Sorge, genügt doch aktuell nur ein kurzer Blick aus dem Fenster, um augenblicklich Frostbeulen zu bekommen. Dabei ist Wärmeempfinden einerseits schwer zu definieren, andererseits auch völlig subjektiv und situationsabhängig. Bei Bergzeit wird die Frage nach einer warmen Winterjacke also immer mit einer Gegenfrage beantwortet: Für welchen Zweck soll sie denn sein? Was am Weihnachtsmarkt oder an der Bushaltestelle angenehm ist, verwandelt sich beim Hinterherrennen nach dem gerade abfahrenden Bus oft in eine schweißtreibende Angelegenheit.
Die Fassade am Haus des Körpers: eine isolierende Winterjacke
Auch in den Übergangszeiten kann es schon kalt genug für eine Winterjacke werden. | Foto: Vaude/Moritz Attenberger
Gerade Stillstand oder wenig intensive Bewegung erfordert eine ordentliche Isolation. Denn so etwas wie "warme Kleidung" gibt es eigentlich gar nicht. Die Heizung ist der Körper selbst, die Schichten darüber verhindern im besten Fall, dass die abgegebene Wärme nicht augenblicklich verschwindet. Konstruktionstechnisch ist dabei ein Vergleich der Winterjacke mit einer Hausfassade gar nicht abwegig: Zwischen zwei stützenden Schichten befindet sich ein Material (eine Füllung), welches isolierend wirkt.
Je wertiger diese Füllung ist und je mehr davon in der Bekleidung steckt, umso besser funktioniert das Ganze. Zum Einsatz können in Isolations- und Winterjacken Naturfasern wie Daune oder Wolle kommen, aber es gibt auch ein breite Palette an Kunstfasern.
Primaloft, Daune, Wolle: Die Top 3 der Isolationsfüllungen
Bei Letzteren stellt sich im Bereich der Winterjacken vor allem Primaloft als Platzhirsch heraus. Kein Wunder, weist es bei sehr geringem Gewicht doch sehr gute Isolationswerte auf, wärmt auch im feuchten Zustand und ist pflegeleicht. Viele Hersteller haben eigene Kunstfasern im Sortiment, so zum Beispiel QuadFusion bei Haglöfs oder Coreloft bei Arc'teryx. Das Funktionsprinzip ist dabei sehr ähnlich, unzählige kleine Fasern bilden ein dichtes, dreidimensionales Geflecht, welches die Luft in den Zwischenräumen speichert und dadurch isoliert. Das Gebilde ist stabil genug, dass es auch ohne kleinteilige Steppung in der Winterjacke auskommt, was sich somit auch auf die Optik auswirkt.
Diese Stützkraft fehlt der Daune, diese muss als lockere Füllfaser in der Winterjacke zwangsläufig in Kammern fixiert werden. Der Nachteil der Nässe-Empfindlichkeit wird allerdings durch die exzellente Isolationsfähigkeit aufgehoben. In Verbindung mit ultraleichten Materialien kann somit ein perfektes Wärme-zu-Gewicht-Verhältnis erreicht werden. Generell erzeugen daunengefütterte Winterjacken ein sehr angenehmes Tragegefühl, da sie regelrecht klimaregulierend wirken und somit nicht so schnell überhitzen. Schafwolle, wie sie beispielsweise Ortovox in seinen Isolationsjacken verwendet, ist zwar etwas schwerer, bietet aber ein ähnlich gutes Tragegefühl wie Daune, ohne bei Feuchtigkeit diese Eigenschaft zu verlieren.
Bereits angesprochen wurden die zwei Schichten, die das Isolationsmaterial in der Winterjacke fixieren, nämlich Futterstoff und Obermaterial. Während beim Jackenfutter meist ein leichtes, dampfdurchlässiges Polyester verwendet wird, gibt es beim Oberstoff viele Möglichkeiten. Das Design und der persönliche Geschmack spielen hier eine sehr große Rolle, aber unterschieden werden zwei Hauptgruppen: Sportlich orientierte Winterjacken oder auch Isolationsjacken und ihr "ziviles" Pendant dazu. Während der Sportler zum Beispiel auf Skitour stärker darauf achtet, ein möglichst leichtes Wärmepaket im Rucksack dabei zu haben, sind in der Stadt eher Optik und Alltagstauglichkeit der Winterjacke gefragt. Dabei stößt man bei der Suche immer wieder auf besonders lang geschnittene Parkas, die auch die Oberschenkel in wohlige Wärme hüllen. Gerade bei Herren-Winterjacken wie dem Patagonia Isthmus Parka findet oft ein derber und fester Oberstoff Verwendung, viele Taschen runden das Paket ab und erweisen sich als äußerst praktisch, wenn die Hände kalt werden. Manche Winterjacken verfügen zudem über einen Kunstpelzbesatz an der Kapuze, um den eisigen Wind vom Gesicht fern zu halten, elastische Ärmelbündchen schützen die Handgelenke.
Nässeschutz muss sein!
Wenn das Wetter sich nicht eindeutig bestimmen lässt, muss eine 3-in-1-Jacke her: Bei der Solaris Triclimate von The North Face kann man Innenjacke und Außenjacke separat oder kombiniert tragen. | Foto: The North Face
Sei es nun Schneeregen, Flugschnee beim Rodeln oder der siebte Glühwein, der sich spontan nicht mehr im Becher halten möchte: Nässe von außen sollte nicht sofort durchkommen. Je nach Material, Webdichte und Imprägnierung der Winterjacke kann häufig auf eine völlig wasserdichte Membran oder Beschichtung verzichtet werden. Als Highlight kann in dem Bereich der St. Anton Damenmantel von Chillaz punkten, Optik und Funktion stimmen.
Auch dicht gewebte und gewachste Baumwoll-Polyester Mischgewebe, wie beispielsweise das G-1000 Material von Fjällraven sind beim Wetterschutz sehr zuverlässig. Dieses findet zum Beispiel beim Fjällräven Greenland Jacket für Damen und Herren Verwendung. Insbesondere bei sehr kalten Temperaturen ist ohnehin nicht mehr mit nassem Niederschlag zu rechnen, Schnee übt nur wenig Druck auf das Material auf und kann somit einfach abgestreift werden.
Anders sieht es aus, wenn der Winter einem so richtig schön den Mittelfinger zeigt und Sturm, Niederschlag und nass-kaltes Unvergnügen aus allen Richtungen bringt. Wer da noch unbedingt raus muss, weil Weihnachten vor der Tür steht (oder die Schwiegermutter), greift zur vollständig wasserdichten Winterjacke. Besonders raffiniert sind da so genannte Zip-In Systemjacken. Eine Isolationsschicht (Fleece oder Füllfaser), kombiniert mit einer wetterfesten Außenjacke bietet eine vielseitige Lösung, denn die Einzelschichten können als Midlayer und Außenschicht auch solo getragen werden. The North Face, Vaude und Salewa bieten hier eine gute Auswahl.
Und welche Winterjacke ist nun die richtige?
Bezogen auf die Ausgangsfrage ist der "Eine für Alles"-Kunde am besten mit einem etwas sportlicheren Modell bedient. Ein kurzer Schnitt für mehr Bewegungsfreiheit, nicht zu viel Isolierung und ein geringes Packmaß und Gewicht sind bei einer outdoorsporttauglichen Winterjacke entscheidend. Wer keine Berge erklimmt, sondern diese höchstens beim Schneeräumen versetzt und insgesamt mehr Wert auf Alltagskomfort legt, kann guten Gewissens zu einem langen und stark isolierenden Gewand greifen. Neben dem modischen Aspekt hilft bei der Entscheidung für die richtige Winterjacke ein Blick auf die Ausstattung. Kann ich die Taschen bequem erreichen? Wie schließt der Kragen? Ist die Kapuze verstellbar?
Damit es wirklich kuschlig warm bleibt, sollten vor allem auch die Extremitäten nicht vernachlässigt werden: Wenn Kopf, Füße oder Hände kalt sind, friert auch der restliche Körper viel schneller! Insofern hat Mutti also am Ende doch wieder recht: Gut eingepackt kann der Winter selber einpacken.